Grüne Wärmeplanung ist gegenüber privaten Haus- und Grundeigentümern ein Affront!
Kaum ein Thema im Bereich der Energiewende beschäftigt die Menschen so sehr wie die Wärmewende. Dabei ist klar: Wenn die klimafreundliche Transformation gelingen soll, führt kein Weg an einer nachhaltigen, verlässlichen und bezahlbaren Energieversorgung vorbei. Eines der Instrumente kann die kommunale Wärmeplanung sein. Dabei darf es aber nicht dazu kommen, dass die Landesregierung parteipolitisch agiert und die Menschen im Land nicht „mitnimmt“ – so wie jetzt geschehen.
Foto: Gerhard Seybert / Adobe Stock
Von Verbandsdirektor Ralf Schönfeld
Mit dem Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes und der Pflicht der Gemeinden zur Durchführung einer Wärmeplanung kommt in den nächsten Jahren einiges auf die Immobilieneigentümer in Deutschland und in Rheinland-Pfalz zu. Dabei gilt: Eigentümer brauchen wegen der hohen Investitionen langfristig Verlässlichkeit. Und für Haus- und Wohnungseigentümer sowie Mieter müssen Wohnungen bezahlbar bleiben.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung will bis Ende 2024 einen Entwurf in den Landtag einbringen, wie sie das Gesetz für die Wärmeplanung und die Dekarbonisierung der Wärmenetze umsetzen will. Hierbei ist es dringend erforderlich, die Eigentümer mit den bevorstehenden Regelungen nicht zu überfordern. Dafür muss viel Aufklärungsarbeit betrieben werden und die Kosten müssen durch gezielte Förderprogramme finanzierbar bleiben.
Runder Tisch zur Wärmeplanung ohne Haus & Grund Rheinland-Pfalz
Auf Einladung von Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) fand am 20. März 2024 ein „Runder Tisch Wärmeplanung“ statt. Daran nahmen viele Verbände, Organisationen und Akteure teil. Dazu zählten:
- Städtetag Rheinland-Pfalz
- Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz e.V.
- Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz
- IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz
- Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
- Verband kommunaler Unternehmen e.V. Landesgruppe Rheinland-Pfalz
- Landesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz e.V. (LDEW)
- Architektenkammer Rheinland-Pfalz
- Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks RLP
- Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Rheinland-Rheinhessen
- Fachverband Sanitär Heizung Klima Pfalz
- VdW Rheinland Westfalen
- Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V.
- Landesverband Erneuerbare Energie Rheinland-Pfalz/Saarland e.V.
- Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
- Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz
- Gebäudeenergieberater, Ingenieure, Handwerker Landesverband Rheinland-Pfalz e. V.
- Deutsches Energieberater-Netzwerk (DEN) e.V.
- VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. Landesverband Rheinland-Pfalz
Zusätzlich waren der Landkreistag Rheinland-Pfalz e.V., die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz und das Landesnetzwerk BürgerEnergieGenossenschaften Rheinland-Pfalz e.V. eingeladen.
Zum Termin veröffentlichte das Umweltministerium eine Pressemitteilung u.a. mit folgendem Text: „In einem Runden Tisch erörtern wir gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Energiewirtschaft, der Kommunen und aus dem Handwerk, Verbraucherschutz und Wohnungswirtschaft wie wir die Weichen für eine bestmögliche Umsetzung der Landesregelungen schaffen.“
Auch in parlamentarischen Äußerungen erklärte das Umweltministerium wiederholt, dass man „alle Stakeholder“ eingebunden habe, wobei ausdrücklich „die Wohnungswirtschaft“ erwähnt wurde. Wie Ihnen wahrscheinlich bereits aufgefallen ist: Haus & Grund Rheinland-Pfalz war daran jedoch nicht beteiligt. Und zwar ganz sicher nicht aus Desinteresse, sondern weil unser Landesverband zu dem Runden Tisch schlicht nicht eingeladen war.
Doch der Reihe nach: In den erwähnten Auslassungen ist von „der Wohnungswirtschaft“ die Rede. Hier ist leider festzustellen, dass die Landtagsfraktion der Grünen (die am Prozess der Zusammenstellung der Teilnehmer beteiligt war) und das Umweltministerium nur mit den Verbänden VdW Südwest und VdW Rheinland-Westfalen im Kontakt waren. Diese beiden Verbände repräsentieren weniger als 10 Prozent des Wohnungsbestands in Rheinland-Pfalz.
Das heißt: Im Umweltministerium fand ein Runder Tisch statt, bei dem 90 Prozent der betroffenen Wohnungen in Rheinland-Pfalz NICHT repräsentiert waren! Wir haben deshalb gegenüber dem Umweltministerium in aller Deutlichkeit unsere Verärgerung darüber zum Ausdruck gebracht, dass hier offenbar eine Politik zur Wärmeplanung komplett vorbei an der großen Mehrheit der Immobilieneigentümer betrieben wird.
„Die Wohnungswirtschaft“ gibt‘s nicht – erst recht nicht ohne Haus & Grund
Zudem vertreten die beiden VdW-Regionalverbände kommunale und private Wohnungsgesellschaften. Laut VdW Rheinland-Westfalen lebt jeder fünfte Mieter in einer Wohnung der Verbandsmitglieder – das heißt also, dass 80 Prozent der Mieter in anderen Wohnungen leben!
Der Verband VdW ist KEIN Vertreter „DER“ Wohnungswirtschaft in dem Sinn, dass er alle Wohnungseigentümer und Vermieter repräsentiert – ganz im Gegenteil: Rund 90 Prozent der selbstgenutzten und vermieteten Wohnungen in Rheinland-Pfalz gehören privaten Immobilieneigentümern, deren Verbandsvertretung Haus & Grund ist. Dies ergibt sich auf Basis der Zahlen des Zensus 2011 (vgl. Grafik oben links). Es ist davon auszugehen, dass die grundsätzlichen Relationen auch im Jahr 2024 noch gelten.
Fadenscheinige Begründung zur Nichtberücksichtigung
Die CDU versuchte in einer parlamentarischen Anfrage zu ergründen, warum Haus & Grund als der größte Eigentümerverband im Land nicht zum Runden Tisch eingeladen worden war. Das Umweltministerium antwortete mit folgendem fadenscheinigen Rechtsfertigungsversuch: „Zum ersten Runden Tisch Wärmeversorgung mit dem Schwerpunkt der landesrechtlichen Umsetzung des Gesetzes zur Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze wurden Verbände, Organisationen und Institutionen eingeladen, die aufgrund ihrer Betroffenheit als planungsverantwortliche Stellen, bei der Erstellung des Wärmeplanes, der Unterstützung bei der Erstellung des Wärmeplanes und aus strategischen Gründen in die Erarbeitung des Wärmeplanes einzubinden sind.“
Ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt, dass zahlreiche den Grünen nahestehenden Organisationen eingeladen waren, obwohl diese viel weniger „aus strategischen Gründen“ relevant sind als die Vertretung des privaten Immobilieneigentums. Abschließend erklärte das Umweltministerium gegenüber der CDU lapidar: „Haus und Grund ist ein wichtiger Partner der Wärmewende. Aus diesem Grund ist ein eigener Termin mit dem Verband nun terminiert.“
Bei dieser Formulierung könnte der unbedarfte Leser auf die Idee kommen, man halte Haus & Grund für so wichtig, dass hier bewusst ein exklusiver Termin vereinbart wurde. Die Realität ist aber genau umgekehrt: Nachdem man Haus & Grund zunächst ignoriert hatte, bedurfte es einer Aussprache innerhalb der Landesregierung, damit überhaupt Kontakt mit Haus & Grund aufgenommen wurde.
Das dazu bereits Ende April erfolgte Gespräch zwischen dem Staatssekretär im Umweltministerium, Michael Hauer, und meiner Person als Haus & Grund Verbandsdirektor war zwar durchaus von einer angenehmen Atmosphäre geprägt. Allerdings herrscht seitdem und bis zum Verfassen dieses Leitartikels wieder „Funkstille“ seitens des Ministeriums.
Fazit: Wärmeplanung kann nur mit den privaten Eigentümern funktionieren!
Private Eigentümer sind aufgrund der bedeutenden Rolle, die sie auf dem Immobilienmarkt einnehmen, unabdingbar für die reibungslose Durchführung der Energiewende. Die Beteiligung von Haus & Grund bei der Wärmeplanung als Sprachrohr der privaten Eigentümer und Vermieter bietet daher einen erheblichen Mehrwert für die planungsverantwortlichen Stellen.
Das bisherige Verhalten des Umweltministeriums gegenüber dem Landesverband Haus & Grund, der landesweit rund 47.000 private Immobilieneigentümer und Kleinvermieter vertritt, stellt einen absolut inakzeptablen Affront dar. Wenn man wiederholt gegenüber den Abgeordneten im Parlament als auch gegenüber der Presse erklärt, man sei mit „der Wohnungswirtschaft“ im Gespräch und ignoriert zugleich den Teil „der Wohnungswirtschaft“, der in Rheinland-Pfalz rund 90 (!) Prozent aller Wohnimmobilien vertritt, dann kann dies nur noch als pure Ignoranz der tatsächlichen Verhältnisse bewertet werden.
Damit es nicht dazu kommt, dass hier „Heizungswende“ und Wärmeplanung an den privaten Immobilieneigentümern vorbei betrieben werden, bitten wir Sie mit unserer kurzen Umfrage (hier klicken, um direkt zur Umfrage zu gelangen) um Ihre Mitwirkung. Mit Zahlen und Fakten zur Situation der privaten Immobilieneigentümer bei der Heizungswende werden wir uns gegenüber allen demokratischen Parteien im Landtag engagieren, auch wenn man uns beim Runden Tisch Wärmeplanung ignoriert.
Chronologie des Affronts gegenüber Haus & Grund20.03.2024 Pressemitteilung des Umweltministeriums zum Thema Wärmeplanung. Darin ist u.a. folgender Satz enthalten: „In einem Runden Tisch erörtern wir gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Energiewirtschaft, der Kommunen und aus dem Handwerk, Verbraucherschutz und Wohnungswirtschaft wie wir die Weichen für eine bestmögliche Umsetzung der Landesregelungen schaffen“, sagte Klimaschutzministerin Katrin Eder am heutigen Mittwoch“. Haus & Grund war daran nicht beteiligt. 25.03.2024 Veröffentlichung Landtagsdrucksachen Nr. 5589-V-18 (Sprechvermerk Umweltministerium) und Nr. 18/29 (Protokoll Ausschusssitzung 06.03.2024) zur Sitzung des Ausschusses für Klima, Energie und Mobilität vom 6. März 2024 25.03.2024 Erste ausführliche Haus & Grund Nachricht per E-Mail an Umweltministerin Katrin Eder und Staatssekretär 26.03.2024 Eingangsbestätigung durch persönliche Referentin der Umweltministerin mit der Aussage „Wir werden uns dazu in Kürze bei Ihnen melden.“ 04.04.2024 Veröffentlichung Antrag (Landtagsdrucksache) der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zur Berichterstattung in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Klima, Energie und Mobilität. In der Antragsbegründung steht u.a., dass das Umweltministerium „Vertreterinnen und Vertreter der Energiewirtschaft, der Kommunen, des Handwerks, der Wohnungswirtschaft und des Verbraucherschutzes zu einem Runden Tisch eingeladen (hat), um einen gemeinsamen Weg für die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung zu erörtern.“ Haus & Grund hat zu keiner Zeit eine Einladung zu diesem Runden Tisch am 20. März 2024 erhalten. 04.04.2024 Erneute Haus & Grund Mailnachricht an das Umweltministerium mit der erneuten eindringlichen Bitte um Rückmeldung und einen persönlichen Gesprächstermin. 08.04.2024 (nach Kabinettssitzung): Mailnachricht von Umweltministerin Eder an Verbandsdirektor Ralf Schönfeld. Darin kein Bedauern der Nichtberücksichtigung von Haus & Grund beim Runden Tisch Wärmeplanung. Nur Ankündigung, dass sich das Büro von Staatssekretär Michael Hauer „in Kürze“ mit einem Vorschlag für einen 11.04.2024 Sitzung des Ausschusses für Klima, Energie und Mobilität, bei dem das Thema „Kommunale Wärmeplanung und Runder Tisch Wärmeversorgung“ auf der Tagesordnung stand. 30.04.2024 Persönliches Gespräch mit Staatssekretär Hauer. 07.05.2024 Veröffentlichung Landtagsdrucksache Nr. 18/9467, Antwort des Umweltministeriums auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gerd Schreiner, Karina Wächter und Markus Wolf (CDU) (Drucksache 18/9302) zur Frage der Einbindung und Anhörung von Verbänden zur Entwurfsfindung zum Landesgesetz zur kommunalen Wärmeplanung. Zu der Frage, warum „Haus & Grund, der größte Eigentümerverband im Land, laut Medienberichten nicht eingeladen (wurde)“, heißt es: „Haus und Grund ist ein wichtiger Partner der Wärmewende. Aus diesem Grund ist ein eigener Termin mit dem Verband nun terminiert.“ Seit dem Treffen am 30.04. herrscht allerdings wieder Funkstille (Stand zum Redaktionsschluss dieses Beitrags Mitte Mai). Zur Erinnerung: Bis Ende 2024 soll ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze in den rheinland-pfälzischen Landtag eingebracht werden. |
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.