Im „Vermieterland Nummer 1“ zeigte Haus & Grund wieder selbstbewusst Flagge
Etwa drei Viertel der Mietwohnungen in Rheinland-Pfalz gehören privaten Eigentümern. Dass es auch hier vielerorts an bezahlbarem Wohnraum mangelt, liegt an den Rahmenbedingungen, die die Politik vorgibt. Das werde sich unter der neuen Bundesregierung so schnell nicht ändern, bedauerte Festredner Michael Voigtländer beim Landesverbandstag in Boppard. Aber: „Wir werden es schaffen, diese Krise zu meistern“, zeigt sich der Experte überzeugt.
Ehrengäste und Gastgeber (von links): Ortsvereinsvorsitzender Jörg Puth, Landesverbandsvorsitzender Christoph Schöll, Festredner Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft, Haus & Grund Präsident Kai H. Warnecke, der Bopparder Bürgermeister Jörg Haseneier und Ortsvereinsgeschäftsführer Roger Ketzer.
Von Dr. Ilse Preiss
Das Gros der Haus & Grund Mitglieder in Rheinland-Pfalz ist der Kategorie „private Kleinvermieter“ zuzurechnen. Deren Befindlichkeit kennt bestens Prof. Dr. Michael Voigtländer. Er ist Leiter des Themenclusters Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln und Mitautor des beliebten Immobilien-Podcasts „1aLage“. Für seine Festrede beim Landesverbandstag in der Stadthalle Boppard nutzte der Volkswirt unter anderem Erkenntnisse der kurz zuvor erschienenen Studie „Private Vermieter“, die die Haus & Grund Vereine Köln und Düsseldorf beim IW beauftragt hatten. Zentrales Ergebnis: „Private Kleinvermieter stellen eine tragende Säule des deutschen Mietwohnungsmarktes dar.“
Rheinland-Pfalz, so der Wohnungsmarktexperte, „ist Vermieterland Nummer 1“. Etwa jeder fünfte Haushalt hierzulande vermietet „typischerweise nebenberuflich“ mindestens eine Wohnung. Dabei kommen die Vermieter laut Studie aus allen gesellschaftlichen Schichten und allen Einkommensgruppen; die Mehrheit „erwirtschaftet moderat hohe Nettomieteinnahmen, die nicht selten unter 5.000 Euro jährlich liegen“. Das Immobilieneigentum trägt damit bei zu langfristiger Vermögensbildung und finanzieller Absicherung.
Private Vermieter haben gesellschaftlich Relevanz
Private Vermieter bieten nicht nur viele, sondern auch sehr verschiedene Wohnungen und Häuser an – und sie erhöhen in laufenden Verträgen seltener die Miete. Das macht sie zu einer „gesellschaftlich sehr relevanten Gruppe“. Deshalb sollten wohnungspolitische Maßnahmen die Situation von Kleinvermietern stärker berücksichtigen, forderte Michael Voigtländer. Denn: „Gerade beim Klimaschutz und bei Mietpreisregulierungen entstehen für diese Gruppe große Herausforderungen.“
Worauf im Einzelnen sich Vermieter angesichts der bau- und wohnungspolitischen Vorhaben der neuen schwarz-roten Bundesregierung einstellen müssen, hatte der Festredner bereits vorab in einem exklusiven Gastbeitrag in der Juli-Ausgabe dieses Magazins skizziert. In seinem Vortrag in Boppard beklagte er für eine baldige Verbesserung der Situation einen Mangel an Förderungen, insbesondere für Familien, sowie das Fehlen struktureller Überlegungen zum kostengünstigeren Bauen. „Es ist viel zu viel reguliert und viel zu wenig digitalisiert“, stellte Voigtländer fest – „und wo es digital vorangeht, macht das jede Stadt für sich“. Die bereits beschlossene Verlängerung der Mietpreisbremse und angekündigte Vorhaben der Regierung wie stärkere Sanktionen oder die Einführung von Bußgeldern aber „verschrecken private Vermieter“. Und: „Die Modernisierungsumlage muss unbedingt reformiert werden.“
Aussichten für Vermieter generell „nicht schlecht“
Generell, befand Voigtländer, „sind die Perspektiven für Vermieter nicht schlecht“. Doch weil nach jahrelang zu geringer Bautätigkeit die Schere zwischen Wohnungsbedarf und Fertigstellungen immer weiter auseinandergeht, herrsche „ein wahnsinniger Druck“ im Markt. „Wir müssen viel mehr investieren, wir müssen kräftig deregulieren, wir brauchen deutlich mehr Innovationskraft beim Bauen“, forderte der Marktkenner. Und blieb unterm Strich dennoch optimistisch: „Wir werden es schaffen, diese Wohnungsbaukrise zu meistern.“
Verbandsvorsitzender Schöll zu den Aufreger-Themen
(Wiederkehrende) Ausbaubeiträge, Mietpreisbremse, Grundsteuer: Auf diese drei Aufreger-Themen für die Mitglieder von Haus & Grund in Rheinland-Pfalz konzentrierte sich der Landesverbandsvorsitzende Christoph Schöll in seiner Begrüßung (Foto rechts). Die Ausbaubeiträge („ein Relikt aus dem Mittelalter“) seien „nach der Landtagswahl hoffentlich Geschichte“. Die angekündigte Einführung der Mietpreisbremse („ein politischer Scheinriese“) für den gesamten Rhein-Pfalz-Kreis und den Kreis Alzey-Worms sei „völlig wirkungslos“, weil es dort in vielen Orten gar keine Mietspiegel gebe. Und die Anwendung des so genannten Bundesmodells zur Erhebung der Grundsteuer in Rheinland-Pfalz habe zu „großen Unwuchten“ geführt – „wir müssen abwarten, was das Bundesverfassungsgericht entscheidet“.
Zentralverbandspräsident Warnecke ohne große Erwartungen
Dr. Kai Warnecke, Präsident des Haus & Grund Zentralverbands, wies in seinem Grußwort darauf hin, dass in der neuen Bundesregierung mit Verena Hubertz und Stefanie Hubig die wichtigsten Politiker für Bauen und Wohnen aus Rheinland-Pfalz kommen. Allerdings seien die ersten Gesetze der beiden Ministerinnen „nicht wirklich neu“, sondern noch von ihren „Ampel“-Vorgängern ausgearbeitet worden. So bringe der „Bau-Turbo“ von Hubertz auch nicht mehr Freiheit für Bauherren oder Bauunternehmen, „sondern mehr Freiheit für Beamte beim Planen und Genehmigen“. Für die Verlängerung der Mietpreisbremse kündigte Warnecke den Gang von Haus & Grund zum Bundesverfassungsgericht an: „Wir sind sehr sicher, dass diese Verlängerung nicht zulässig ist.“
Bürgermeister Haseneier: „verlässlicher Partner“
Jörg Haseneier, Bürgermeister der Stadt Boppard, lobte in seinem Grußwort den örtlichen Haus & Grund Verein als „verlässlichen Partner, wenn es um Wohnraum und die Stadtentwicklung geht“. Auch in Boppard sei bezahlbarer Wohnraum eine große Herausforderung: „Wer zu moderaten Preisen vermietet, erzielt kaum noch Rendite.“ Haseneier bezweifelte, dass der „Bau-Turbo“ eine schnellere Fertigstellung von Wohnungen ermögliche: „Wir bekommen hier einen Bebauungsplan schon in einem Jahr hin. Aber dann müssen wir 40 Verbände dazu anhören – das dauert.“ Der Bürgermeister versprach, „demnächst“ Mitglied bei Haus & Grund zu werden – und hielt schon zwei Tage darauf sein Wort.
Geschäftsführer Ketzer forderte Optimismus
Das freute Roger Ketzer, den Geschäftsführer des gastgebenden Ortsvereins. Er stellte in seinem Schlusswort Haus & Grund Bad Salzig kurz vor. Die meisten der rund 650 Mitglieder seien „kleine Familienunternehmer“ mit direktem, persönlichem Kontakt zu ihren Mietern. Mit Blick auf den Festvortrag rief Ketzer die Anwesenden auf: „Seien Sie mutig und geben Sie nicht auf. Sie haben es gehört: Sie sind tragende Stützen unserer Gesellschaft.“
Umrahmte den Landesverbandstag von Haus & Grund Rheinland-Pfalz in Boppard mit flottem Big Band-Sound: SWING&MORE aus Koblenz. Das seit 2004 bestehende Orchester brachte bekannte Big Band-Nummern unterschiedlicher Stilistiken und Zeiten zu Gehör.
Mehr Mitglieder, mehr politisches Gewicht: Landesverband ist weiter auf Erfolgskurs
Draußen strahlte die Sonne, drinnen zog die Verbandsführung eine rundum positive Bilanz des Jahres 2024: „Wir stehen glänzend da“, freute sich der Vorsitzende Christoph Schöll. 972 Mitglieder mehr als im Vorjahr meldeten die 36 Ortsvereine zum Stichtag 01.01.2025 – ein Wachstum von gut 2%.
Es läuft rund beim Haus & Grund Landesverband Rheinland-Pfalz. Die Mitgliederversammlung im Vorfeld des Landesverbandstags in Boppard war deshalb erneut von großer Harmonie geprägt. Der Landesverbandsvorsitzende Christoph Schöll richtete ein dickes Dankeschön an die Verbandsgeschäftsstelle und an die Ortsvereine: „Die Entwicklung ist sehr erfreulich.“
Auch 2024 konnte Haus & Grund in Rheinland-Pfalz die positive Mitgliederentwicklung fortsetzen. Dabei wurde der Zuwachs des Vorjahres sogar noch leicht übertroffen. Zu Jahresbeginn 2025 waren exakt 47.457 private Immobilieneigentümer Mitglied in einem der 36 Ortsvereine. Haus & Grund Rheinland-Pfalz ist damit bundesweit der erfolgreichste Flächen-Landesverband und weiterhin der achtgrößte Landesverband. Die Ortsvereine Koblenz und Germersheim schafften es in den Zuwachs-Rankings des Zentralverbands in die TOP 10 in Deutschland.
Entsprechend stark ist der Landesverband in den Gremien in Berlin vertreten. Der Landesverbandsvorsitzende Christoph Schöll, zugleich Vorsitzender des Ortsvereins Koblenz, gehört dem Vorstand von Haus & Grund Deutschland an. Verbandsdirektor Ralf Schönfeld war bis vor kurzem stellvertretender Vorsitzender des Zentralausschusses und hat diese Funktion weiterhin im Fachausschuss für Steuern und Finanzen inne. Zudem ist er Mitglied der Projektgruppe zur KI-Strategie von Haus & Grund Deutschland. Dr. Michael Frank vom Ortsverein Bad Kreuznach führt den Fachausschuss für Energie, Technik und Umwelt. Dennis Peterhans, Vorsitzender des Ortsvereins Frankenthal, vertritt die Landesfarben im Rechtsausschuss.
Rückblick auf Themen der Bundes- und Landespolitik
Im Geschäftsbericht 2024/2025 ging Christoph Schöll unter der Überschrift „Wohnen und Mieten: Fortsetzung der vermieterfeindlichen Politik“ nochmals auf die bundes- und landespolitischen Themen der vergangenen Monate ein. Er kommentierte pointiert die im Koalitionsvertrag enthaltenen Vorhaben der neuen Bundesregierung und erinnerte an das, „was erfreulicherweise nicht im Koalitionsvertrag steht“ – etwa die Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer oder die Verschärfung der Vorgaben für Eigenbedarfskündigungen. Straßenausbaubeiträge, Grundsteuer und Mietpreisbremse waren seine landespolitischen Stichworte – gerade mit Blick auf die Wahl eines neuen Landtags am 22. März 2026.
Schatzmeister Rudi Keßler erläuterte Jahresrechnung und Bilanz 2024 des Landesverbands. Christine Heller (Ludwigshafen) und Karl Gerhard Jung (Frankenthal) hatten die Kasse geprüft und für in Ordnung befunden. Auf ihren Antrag hin wurde der Vorstand einstimmig für das vergangene Jahr entlastet.
Ebenfalls einstimmig wählte die Versammlung den stellvertretenden Landesverbandsvorsitzenden Karlheinz Glogger (Ludwigshafen) und Vorstandsmitglied Ralf Hummel (Speyer) für eine weitere Amtszeit. Christine Heller und Karl Gerhard Jung wurden erneut mit der Kassenprüfung beauftragt; sie unterstützt bei Bedarf Gerhard Götz (Neustadt/W.). Auch der Haushaltsvoranschlag für 2025 wurde einstimmig angenommen.
Förderverein in Ecuador hat bereits 20 Häuser finanziert
Der Vorsitzende des Fördervereins Haus & Grund für Ecuador, Manfred Leyendecker, berichtete über den Stand der Dinge in dem südamerikanischen Land. Der Verein hatte dort das 20. Haus an eine bedürftige Familie übergeben, erstmals nicht in der Hauptstadt Quito, sondern in Esmeraldas an der Pazifikküste. Ein weiteres Haus ist bereits „in Arbeit“, erneut als Renovierung einer Bestandsimmobilie.
Zum Einstieg in die Mitgliederversammlung hatte der Vorsitzende des gastgebenden Ortsvereins Bad Salzig, Jörg Puth, den Tagungsort Boppard kurz vorgestellt. Die Stadt wird 2029 Teil der Bundesgartenschau im Mittelrheintal von Bingen bis Koblenz sein. Den Schlusspunkt bildete ein Blick in die nicht ganz so ferne Zukunft: Der Landesverbandstag 2026 wird in Neuwied stattfinden.
Anerkennung für jahrzehntelanges EngagementAuszeichnung für langjähriges ehrenamtliches Engagement für die Interessen der privaten Immobilieneigentümer: Beim Landesverbandstag erhielten Johannes Kaspar (Foto links) und Bernd Minning (Mitte) aus der Hand von Haus & Grund Präsident Dr. Kai Warnecke die goldene Ehrennadel des Verbands. Beide waren jeweils fast ein Vierteljahrhundert in verschiedenen Funktionen im Vorstand von Haus & Grund Bad Salzig aktiv – und halfen tatkräftig mit, als der Verein schwierige Zeiten durchlief. Bernd Minning hat unter anderem die komplette Mitgliederverwaltung digitalisiert und ist bis heute Systemadministrator. Johannes Kaspar waren für seine Verdienste als umsichtiger Kassierer bereits 2023 die silberne Ehrennadel und die Ehrenmitgliedschaft im Ortsverein verliehen worden. |