Photovoltaik: „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele.“

Das Zitat in der Überschrift wird dem Rheinland-Pfälzer Friedrich Wilhelm Raiffeisen zugeordnet. Der Sozialreformer und Kommunalbeamte gehörte im 19. Jahrhundert zu  den Gründern der genossenschaftlichen Bewegung in Deutschland und ist der Namensgeber der Raiffeisenorganisation. Seine Aussage ist für die aktuelle Entwicklung bei der Solarenergie  treffender denn je. Denn während alle über das Heizungsgesetz streiten, kommt der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen voran, ohne dass Eigentümer dazu gegängelt werden.

Symbolbild Photovoltaik: laufende, glückliche Familie vor Haus mit Photovoltaik-AnlageFoto: Halfpoint / AdobeStock

Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat Anfang Mai eine umfassende Photovoltaik-Strategie vorgelegt. Dabei benannt werden Maßnahmen in insgesamt elf Handlungsfeldern. Das Spektrum reicht von Maßnahmen im Bereich der Energiepolitik bis hin zu den Themen Fachkräftesicherung, industrielle Wertschöpfung in Europa und Technologieentwicklung.

Zu den Handlungsfeldern der Photovoltaik-Strategie gehören v.a. Verbesserungen und Vereinfachungen bei kleineren Dachanlagen, beim Mieterstrom und der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, bei Balkon-PV sowie der Abbau steuerrechtlicher Hürden (z.B. bei der Gewerbe- oder der Erbschaftsteuer). Hinzu kommt der europäische Rahmen. Die Bundesregierung will den schnelleren PV-Ausbau auch europäisch vorantreiben, etwa mit der EU-Strategie für Solarenergie und im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets.

Größter Photovoltaik-Zubau in Rheinland-Pfalz seit 11 Jahren

Die Energieagentur Rheinland-Pfalz hat in ihrem Energieatlas die Zubauzahlen von 2022 für erneuerbare Energien-Anlagen auf kommunaler Ebene veröffentlicht. Insbesondere bei der Photovoltaik setzte sich der stetige Anstieg des jährlichen Zubaus weiter fort. Mit gut 350 Megawatt hatte Rheinland-Pfalz den größten PV-Zubau der letzten elf Jahre. 51 Prozent der zugebauten Photovoltaikleistung erfolgten durch kleine bauliche Anlagen bis 40 Kilowatt (kW). Knapp drei Viertel der 20.847 neugebauten PV-Anlagen im Jahr 2022 waren sogar kleiner als 10 kW und trugen 28 Prozent zu der neu installierten Leistung im Solarbereich bei. Damit setzte sich beim Photovoltaik-Zubau der Trend der vergangenen Jahre fort, dass überwiegend kleinere Dachflächen-Anlagen installiert werden. Im Ergebnis sind laut der rheinland-pfälzischen Klimaschutz- und Energieministerin Katrin Eder „Kommunen und Bürgerinnen und Bürger das Herz des Solar-Booms“.

Verzicht auf Verpflichtung mit Blick auf Lieferengpässe

Auf eine unverzüglich wirkende Verpflichtung für alle Neubauten zur Installation von Photovoltaik-Anlagen wurde wegen zusätzlichen vorübergehenden Lieferengpässen und weiteren negativen Auswirkungen infolge des Fachkräftemangels verzichtet. Da aber Investitionen in heute durchgeführte Neubauten und Sanierungen noch Jahrzehnte wirken, sollen diese zumindest so angelegt sein, dass eine Nachrüstung mit einer Photovoltaik-Anlage unkompliziert möglich ist. Deswegen soll das Landessolargesetz so geändert werden, dass für alle Neubauten und umfassenden Dachsanierungen nur die technisch notwendigen Voraussetzungen, die eine Nachrüstung mit einer Solaranlage unkompliziert ermöglichen („PV-Ready“), auch für Wohngebäude verpflichtend vorgeschrieben werden.

Steuervorteile für PV-Anlagen-Betreiber

Ob im Haus oder auf dem Balkon: Insbesondere für Privatpersonen, die kürzlich eine Photovoltaik-Anlage gekauft haben, eine bestehende Anlage erweitern oder reparieren wollen, gelten neue steuerliche Regelungen. Diese betreffen die Umsatzsteuer (seit dem 1. Januar 2023) und die Einkommensteuer (seit dem 1. Januar 2022). Dabei wurden steuerliche bürokratische Hürden abgebaut.

Auf die Lieferung von Photovoltaik-Anlagen fällt seit dem 1. Januar 2023 keine Umsatzsteuer mehr an, wenn diese auf oder in der Nähe von Wohngebäuden – auch auf dem Balkon – installiert werden (Nullsteuersatz). Dies umfasst auch die für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten, die Speicher sowie die Montage. Auch so genannte Balkonkraftwerke, die in der Regel auf dem Balkon aufgestellt und mit einer Steckdose verbunden werden, sind von den Neuregelungen erfasst.

In der Regel keine Meldung an das Finanzamt mehr notwendig

Trotz dieser Erleichterungen waren Betreiber von Photovoltaik-Anlagen grundsätzlich immer noch zur Anzeige der Eröffnung eines gewerblichen Betriebs oder einer Betriebstätte und zur Übermittlung eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung verpflichtet. Das Bundesfinanzministerium hat nun mit Schreiben vom 12. Juni 2023 für eine weitere Entbürokratisierung gesorgt. Aus Gründen des Bürokratieabbaus und der Verwaltungsökonomie wird es nicht beanstandet, wenn Betreiber von Photovoltaik-Anlagen, die unter die neuen Vergünstigungen fallen, auf die steuerliche Anzeige über die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und die Übermittlung des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung an das zuständige Finanzamt verzichten.

Balkonkraftwerke für die dezentrale Stromversorgung

Steckerfertige Photovoltaik-Anlagen („Balkonkraftwerke“) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Wer in seiner Eigentumswohnung oder Mietwohnung ein solches Steckersolargerät installieren will, soll es künftig einfacher haben. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesministerium der Justiz veröffentlicht hat.

Die Mini-Solarsysteme produzieren in der Regel genug Strom, um an sonnigen Tagen einen wesentlichen Teil der Grundlast und der Mittagsspitze eines Haushaltes zu decken. Der Strom daraus fließt beispielsweise in die Steckdose am Balkon und von dort zu Fernseher, Kühlschrank und Waschmaschine, die sich an anderen Steckdosen in der Wohnung befinden. Reicht der Strom vom Balkon nicht aus, fließt einfach Strom vom Versorger aus dem Netz dazu.

Immer mehr Kommunen, einzelne Bundesländer und Regionalverbände fördern Steckersolargeräte durch Zuschüsse. Außerdem unterstützen Netzbetreiber und Stromversorger diese Anwendung zunehmend, indem sie die Anmeldung vereinfachen und die Nutzung nicht behindern oder solche Systeme sogar aktiv bewerben. Ein neuer Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums sieht zudem punktuelle Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vor.

Fazit: Gute Entwicklungen – aber weiterer Bürokratieabbau erforderlich

Die Europäische Union hat kleine Erzeuger unter 800 Watt als „nicht signifikant“ eingestuft, weil sie „nicht systemrelevant“ seien. Trotzdem wollen die deutschen Netzbetreiber, dass alle Erzeugungsanlagen, unabhängig von ihrer Leistung, bei ihnen gemeldet werden. Hinzu kommt, dass bei Steckersolargeräten auch die Bundesnetzagentur eine Anmeldung im Marktstammdatenregister fordert. Bei diesen zwei Anmeldungen werden beide Male die gleichen technischen Daten eingetragen, da die Daten im Hintergrund miteinander abgeglichen werden. Für Verbraucher haben die Anmeldungen keine Vorteile, sie schaffen nur bürokratischen Aufwand. Ohne Anmeldung im Marktstammdatenregister kann ein Bußgeld drohen.

Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) hat ein Positionspapier veröffentlicht, in dem er einfachere Regeln für Steckersolargeräte fordert. Haus & Grund begrüßt genauso wie die Verbraucherzentralen die geplanten Vereinfachungen. Bisher sind diese Vereinfachungen, darunter die Freigabe des Schukosteckers, der Wegfall der Anmeldung beim Netzbetreiber und die Anhebung der Leistungsgrenze von 600 auf 800 Watt (AC) nur ein Vorschlag des VDE. Haus & Grund fordert, dass hier zügig ein entsprechender Bürokratieabbau erfolgt, um die Solarenergie weiter voranzubringen.

Unser Autor: der Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld

Unser Autor: Ralf Schönfeld 
ist Verbandsdirektor des 
Landesverbands Haus 
& Grund Rheinland-Pfalz.

 

Zurück

Cookie-Hinweis

Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung zu ermöglichen. Wenn Sie nachfolgend zustimmen, werden alle Einstellungen aktiviert.

Cookie-Einstellungen