Solarenergie „Ja“ – Verteuerung des Wohnens durch Zwang „Nein“!
Die CDU in Rheinland-Pfalz schlägt eine Solardachpflicht bei Wohngebäuden vor. Haus & Grund Rheinland-Pfalz lehnt eine solche Zwangsvorgabe entschieden ab. Stattdessen sollte die Politik auf erfolgreiche Instrumente wie steuerliche Deregulierung und staatliche Förderung setzen.
Foto: Halfpoint / Adobe Stock
Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld
Im Februar fand eine Anhörung im Ausschuss für Klima, Energie und Mobilität des Landtags Rheinland-Pfalz zur Verschärfung des Landessolargesetzes statt. Anlässlich dieser Anhörung bezog Haus & Grund Rheinland-Pfalz eindeutig Position. Der Landesverband lehnt die von der Landes-CDU vorgeschlagene Solardachpflicht bei Wohngebäuden entschieden ab. Zwar ist mehr Klimaschutz bei Gebäuden zu befürworten. Doch staatliche Zwangsvorgaben sind dazu der falsche Weg. Diese führen nur dazu, dass viele private Kleinvermieter überlegen, die Vermietung einzustellen.
Landespolitik diskutiert Gesetze und ignoriert über 80% der Betroffenen
Die Expertenliste der Landtagsanhörung war ohnehin in weiten Teilen einseitig auf Solarfreundlichkeit ausgerichtet. Zur Erinnerung: Über 80 Prozent der Immobilien in Rheinland-Pfalz befinden sich im Privateigentum. Doch statt sich im Landtag ein realistisches Bild zu machen, was eine Solardachpflicht für die Zielgruppe bedeutet, wird auf den politischen Mainstream aufgesprungen und von oben herab die zwangsweise Verordnung einer Solardachpflicht angestrebt. Dabei geht der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auch ohne zusätzliche gesetzliche Gängelungen spürbar voran. Allein im Jahr 2022 ist die Anzahl der Photovoltaikanlagen in den Städten in Rheinland-Pfalz um 14,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.
Eine Solardachpflicht ist für viele ältere Eigentümer nicht bezahlbar
Der im Landtag diskutierte Gesetzentwurf fordert u.a. eine Solardachpflicht bei „grundlegenden Dachsanierungen“. Dabei sollen die Vorgaben „verhältnismäßig für die Betroffenen“ sein. Bauherren sollen sich nur ausnahmsweise auf eine bestehende technische oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit berufen. Was das im Einzelfall bedeutet, bleibt unklar und bietet Streitpotenzial.
Unter technischen Fachleuten wird unter einer grundlegenden Dachsanierung nicht nur die Neueindeckung oder Neuabdichtung eines Dachs verstanden, sondern auch die Modifizierung der sich darunter befindlichen Unterkonstruktion. Gerade bei einer Solarpflicht für Altbauten ist es schwierig, diese ökologisch und wirtschaftlich machbar zu gestalten. Im Alltag der privaten Immobilieneigentümer ist damit zu rechnen, dass Modernisierungen und Sanierungen aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit hinausgeschoben werden. Alte Häuser gehören in der Regel auch alten Menschen, die finanziell nicht mehr in der Lage sind, derart hohe Ausgaben zu stemmen. Viele private Vermieter sind keineswegs „Besserverdiener“ und auf die Mieteinnahmen als Teil der eigenen Altersvorsorge angewiesen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie in der Regel nicht mehr darlehensfähig sind.
Ein Blick auf die Altersstruktur zeigt darüber hinaus, dass 72,56 Prozent der Haus & Grund Mitglieder der Altersgruppe „60plus“ angehören. Es ist statistisch davon auszugehen, dass diese Quoten für alle Immobilieneigentümer in Rheinland-Pfalz, die insgesamt über 80 Prozent der Wohnungen im Land besitzen, repräsentativ sind.
Bei den Kostenkalkulationen einer Photovoltaik-Pflicht werden zudem Kostenansätze verbreitet, die in der aktuellen Wohnungsbausituation lebensfremd und unrealistisch sind. Das gilt auch für die von vielen Interessenvertretern der Solarbranche idealistisch dargestellten wirtschaftlichen Effekte (Amortisation, Einnahme und Einsparungen). Diese sind häufig deutlich überzogen. Bei einem Einfamilienhaus amortisiert sich die Photovoltaik-Anlage unter Zugrundelegung einer echten Vollkostenrechnung erst in 20 Jahren. Danach ist mit einem Austausch der Anlage zu rechnen, so dass von einem Gewinn häufig nicht auszugehen ist.
Es fehlen nach wie vor praxistaugliche Regeln zum Mieterstrom
Bei nicht selbstgenutzten Wohneinheiten, insbesondere vermieteten Mehrfamilienhäusern, sind außerdem die bürokratischen Hürden und das finanzielle Risiko für Vermieter, die ihre Mieter mit Strom aus der eigenen Photovoltaik-Anlage versorgen wollen, nach wie vor viel zu hoch. Die Bereitstellung von Mieterstrom stellt immer noch ein überbordendes, bürokratisches und wirtschaftlich nachteiliges Unterfangen für den Vermietenden dar. Es bedarf daher als flankierender Maßnahme dringend einer deutlichen Vereinfachung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in Sachen Mieterstrom, um die Akzeptanz einer Solarnutzung bei nicht selbstgenutzten Wohneinheiten zu erhöhen. Ohne echte Verbesserungen in diesem Bereich wird auch eine Solarstrompflicht für Wohngebäude im Mehrfamilienhaus keine erfolgreiche und nachhaltige Maßnahme darstellen können.
Neue Zwangsmaßnahmen sind kontraproduktiv und schaden Mietern
Laut Haus & Grund Stimmungsbarometer 2020-2021 überlegt mehr als jedes vierte Mitglied von Haus & Grund inzwischen ernsthaft, das Vermieten ganz einzustellen und die Immobilie zu verkaufen (27 Prozent). Das sind fünf Prozent mehr als bei einer vorherigen Umfrage 2019. Mehr als drei Viertel der Haus & Grund Mitglieder (77 Prozent) ärgert sich über die Gängelungen durch staatliche Vorschriften und einseitige Gerichtsurteile. Darüber hinaus erklärten im vergangenen Jahr bei einer gesonderten Umfrage zum Klimaschutz im Gebäudebestand 25 Prozent der Immobilieneigentümer, dass sie bei einer Solardachpflicht eine Einstellung der Vermietung oder den Verkauf der Immobilie(n) beabsichtigen (vergleiche Grafik weiter unten).
Wenn aus diesen Absichten Fakten werden, hätte das fatale Folgen für den Mietwohnungsmarkt in Rheinland-Pfalz. Schließlich sind Privatpersonen mit großem Abstand die wichtigsten Wohnungsanbieter. Es ist die Aufgabe von Haus & Grund Rheinland-Pfalz, gegen solche Tendenzen zu arbeiten und solche bedenklichen Entwicklungen zu unterbinden.
Förderung und Deregulierung nützen mehr als Zwangsmaßnahmen
Die Änderungen im Steuerrecht, die seit Anfang 2023 Solarenergie erheblich attraktiver machen und für Entbürokratisierung sorgen, sind das beste Beispiel, wie sinnvolle Förderung der Solarenergie erfolgen kann. Ein wichtiges Zeichen der Landespolitik wäre daher, auf neue gesetzliche Gängelungen zu verzichten und stattdessen für weitere Verbesserungen der Fördermöglichkeiten sowie Rechtsgrundlagen für erfolgreiche Mieterstrommodelle zu sorgen. Um das Angebot auf dem Wohnungsmarkt zu vergrößern und für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, müssen private Investitionen wieder attraktiver werden und dürfen nicht durch kostentreibende Zwangsmaßnahmen weiter abgewürgt werden.
Die Landes- und Kommunalpolitiker sind auf die Haus- und Grundeigentümer auch und gerade in Rheinland-Pfalz angewiesen, wenn sie es mit wirksamem Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen für Mieter ernst meinen.
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.