Gemischte Gefühle beim Blick auf die nächsten fünf Regierungsjahre
Der Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz ist besiegelt, das rot-gelb-grüne Kabinett in Amt und Würden. Aus Sicht der privaten Immobilieneigentümer und Vermieter gilt: Grund zum Jubeln besteht nicht, andererseits hätte aber auch manches deutlich schlimmer kommen können. Eine Analyse des Haus & Grund Landesverbands-Vorsitzenden Manfred Leyendecker aus Sicht unserer Eigentümerschutz-Gemeinschaft.
Viel Raum für freie Gestaltung: Den Koalitionsvertrag hat die rheinland-pfälzische Ampel-Regierung beschlossen, in den nächsten fünf Jahren geht es jetzt an die konkrete Umsetzung. - Foto: Roland Struwe / wikimedia commons (CC BY-SA 3.0)
Vom Landesverbandsvorsitzenden Manfred Leyendecker
Sozial gerecht – wirtschaftlich stark – ökologisch verantwortlich: Rheinland-Pfalz auf dem Weg ins nächste Jahrzehnt“: So lautet die Überschrift des jetzt beschlossenen Koalitionsvertrags der neuen rheinland-pfälzischen Landesregierung. Drei Slogans, wohl jeder einzeln ins Spiel gebracht von den beteiligte Parteien SPD, FDP und Grünen, stellen die Leitlinien der Landespolitik für die nächsten fünf Regierungsjahre dar.
Geschaffen werden soll ein Rheinland- Pfalz, das gemeinsam, stark und lebenswert ist und den Menschen neue Perspektiven eröffnet. Aus Sicht von Haus & Grund lässt der 138 Seiten starke Koalitionsvertrag im Detail so manchen Handlungsspielraum, den wir als Interessenvertreter der Grundeigentümer im Land auch in dieser Legislaturperiode gerne wieder aktiv mitgestalten möchten.
Gutes Wohnen in Stadt und Land
Einen politischen Schwerpunkt setzt die Landesregierung auf bezahlbares und attraktives Wohnen in ganz Rheinland-Pfalz. Nach eigenem Bekunden ist Wohnen ein soziales Gut, das für die Lebensqualität und die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen von elementarer Bedeutung ist. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen, die mit dem demografischen und gesellschaftlichen Wandel einhergehen, beanspruche diese Thematik oberste wohnungspolitische Priorität.
Mit Nachdruck soll die Förderung des sozialen Wohnungsbaus auf hohem Niveau fortgeführt werden. Insgesamt sollen in den nächsten fünf Jahren gut 20.000 Wohnungen neu in die soziale Wohnraumförderung aufgenommen werden. Die Förderungen sollen darauf ausgerichtet werden, Wohnraum bezahlbar, barrierefrei und generationengerecht entsprechend den Bedürfnissen zur Verfügung zu stellen.
Position von Haus & Grund
Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist nach unserer Auffassung nicht frei von Bedenken. Denn es ist erwiesen, dass er die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt nicht dauerhaft zu lösen vermag. Es verschlingt gewaltige Mittel, wenn allen Bedürftigen geholfen werden sollte. Da diese Mittel fehlen, kann nur eine relativ geringe Anzahl an Haushalten in den Genuss der Förderung kommen – die soziale Absicht kehrt sich in ein unsoziales Lotteriespiel um.
Hinzu kommt das Problem der ärgerlichen Fehlbelegung. Nach einer aktuellen Analyse des Instituts IW Köln haben 54 Prozent der Haushalte in den Sozialwohnungen eigentlich das Anrecht auf ihre günstigen Mieten verloren, weil sie zu viel verdienen. Selbst wenn (wie demnächst in Hessen) die Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden sollte, nutzte dieses Instrumentarium allenfalls der Staatskasse, die betroffenen Sozialwohnungen würden den Bedürftigen weiterhin nicht zur Verfügung stehen.
Richtigerweise sollte den sozial schwachen Mietern mit direkten Zuwendungen wie z.B. Wohngeld geholfen werden, das zielgenau verteilt und gezielt wieder entzogen werden könnte, wenn das Haushaltseinkommen ansteigt. Die beste Lösung wäre es freilich, unverzüglich neue Bauflächen auszuweisen, um auf diese Weise den Wohnungsbau voranzubringen.
Streitthema Mietpreisbremse
Vor knapp einem halben Jahr wurde in den drei so genannten Schwarmstädten Landau, Mainz und Trier die Mietpreisbremse verfügt, und zwar gegen unseren erbitterten Widerstand. Von unseren Mit-gliedern sind potenziell 9.000 Vermieter betroffen. Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass diese Rechtsverordnung im Jahr 2018 überprüft und, sofern notwendig, bedarfsgerecht anpasst werden soll. Die Länder Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen planen die Mietpreisbremse zu verschärfen. Demnach sollen Vermieter künftig verpflichtet werden, den Mietinteressenten die Höhe der Vormiete bekanntzugeben.
Hingegen fordern wir, dass die Mietpreisbremse unversehens wieder revidiert wird. Denn bereits jetzt lässt sich sagen, dass sie das Ziel verfehlt. Der Verordnungsgeber hat eine Fahrkarte geschossen. Auch das bekannte wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitut empirica spricht von einem Rohrkrepierer. Nach unserer Erfahrung beachten die meisten Vermieter die Mietpreisbremse offenbar nicht. Und die Mieter akzeptieren dies, meistens froh, überhaupt eine auch von anderen begehrte Wohnung gefunden zu haben. Die Marktkräfte lassen sich eben nicht per Federstrich so ohne weiteres beseitigen.
Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen
Der Koalitionsvertrag hebt hervor, dass die anhaltend hohe Wohnungsnachfrage in bestimmten Städten und Regionen mit zunehmenden Leerständen in anderen Regionen einhergeht. Die demografische Entwicklung sei darüber hinaus durch eine älter werdende Bevölkerung geprägt. Dieser Entwicklung will die neue Landesregierung u.a. mit mehr attraktiven Ortskernen und Quartieren sowie einem lebenswerten Wohnumfeld mit umfassender Mobilität und moderner Kommunikations-Infrastruktur entgegenwirken.
Diese Herausforderungen erfordern eine erfolgreiche Kooperation mit allen wichtigen Akteuren, die sich aktuell im „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen Rheinland-Pfalz“ zusammengeschlossen haben.
Zu diesen wichtigen Akteuren zählt auch unser Landesverband, weil wir der Ansicht sind, dass Haus & Grund nicht abseits stehen darf, wenn die attraktive und sinnvolle Gestaltung der Zukunft ansteht. Die Stärkung der erhaltenswerten Stadt- und Ortszentren ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der es vorrangig darum geht, Besucher und Bewohner in das Zentrum zu ziehen und das Zentrum wieder Teil des Alltags werden zu lassen. Diese Strategie unterstützen wir nach wie vor mit besonderem Nachdruck.
Zeitgemäßes Bauen
Das Bauen steht unter permanentem Anforderungsdruck, sich der heutigen Zeit anzupassen: alternde Gesellschaft, Klimawandel, Mobilität. Auch soll zeitgemäßes Bauen dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht werden. Daher sieht die Landesregierung im barrierefreien Wohnen und Bauen einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit.
Hinzu kommt der gesellschaftliche Anspruch nach Ästhetik und Architektur. Deswegen versteht sie es als Aufgabe, die Baukultur im Land weiter zu fördern und die enge Zusammenarbeit mit den Architekten und dem Zentrum für Baukultur zu suchen.
Das Bauforum Rheinland-Pfalz, zu dessen Mitgliedern auch unser Landesverband gehört, bietet allen Interessenvertretern die Möglichkeit, sich zu äußern, damit Expertise verzahnt wird und Innovationen, Strategien und Instrumente entstehen, die das Wohnen und Bauen voranbringen.
Das Vorhaben der Landesregierung, das Bauen schneller und kostengünstiger zu machen ohne die Qualität zu beeinträchtigen, deckt sich mit unserer althergebrachten Forderung. Nachhaltiges Bauen bedeutet auch, dass notwendige Energieeinsparungen dort erzielt werden, wo sie zu möglichst geringen Kosten erreichbar sind.
Die Landesregierung will auch erreichen, dass beim Bauen möglichst natürliche Materialen eingesetzt werden. Auch dieser Plan verdient unseren Beifall. Gerade der Baustoff Holz hat eine hervorragende ökologische Bilanz und eine wichtige ökonomische Bedeutung für den Standort Rheinland-Pfalz.
So bleibt insgesamt als Fazit: Manches im Koalitionsvertrag hätte besser, vieles aber auch schlimmer kommen können.
Unser Autor: Manfred Leyendecker,
Vorsitzender von Haus & Grund
Rheinland-Pfalz.
Foto: Haus & Grund RLP