Haus & Grund bekennt sich zum klimaneutralen Gebäudebestand – aber sicher nicht um jeden Preis
Aus Brüssel drohen neue Gängelungen: Die EU-Kommission plant strengere Regeln für den Klimaschutz im Gebäudebereich. Wohnungen mit schlechter Energiebilanz droht gar ein Vermietungsverbot. Haus & Grund mahnt: Weitere Regulierungen schaden den Mietern, statt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Verband hat aber auch Vorschläge, wie die Klimaziele erreicht werden können.
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Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld
Mit dem so genannten Green Deal der Europäischen Union wird der Klimaschutz im Gebäudesektor massiv vorangetrieben. Gerade in Deutschland und damit auch in Rheinland-Pfalz ergibt sich dadurch aber ein Zielkonflikt zwischen Umweltschutz und bezahlbarem Wohnen. Die EU plant noch in diesem Jahr die Verabschiedung von neuen Vorgaben, mit denen die Klimaschutzanforderungen an Bestandswohnungen in den nächsten Jahren stark verschärft werden sollen. Um die mit dem Green Deal verbundenen Ansprüche finanzieren zu können, müssten die Mieten entsprechend steigen. Gerade dies ist aber mit dem sozialen deutschen Mietrecht nicht möglich. Die Regelungen der Modernisierungsumlage wurden erst vergangenes Jahr erheblich eingeschränkt.
Der Green Deal und die „Renovierungswelle“
Nach aktuellen Informationen der europäischen Haus & Grund Vertretung UIPI zeichnet sich ab, dass die Regulierung der Klimaziele auf EU-Ebene fast abgeschlossen ist. Es ist mit einem rechtlich verbindlichen Ziel zu rechnen, wonach die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Stand von 1990 zu reduzieren sind. Bis 2050 soll die Europäische Union dann klimaneutral sein. Außerdem hat die EU-Kommission mit der Strategie einer Renovierungswelle angekündigt, verschiedene Richtlinien zu überarbeiten, um diese Ziele erreichen zu können. Die EU-Kommission prüft, den Gebäudesektor in das europäische Emissionshandelssystem zu integrieren. Einen Entwurf will die EU-Kommission im Juni/Juli 2021 vorlegen. Dieses Vorhaben ist zwar grundsätzlich positiv zu bewerten, allerdings darf durch die Regulierungen keine Mehrfachbelastung entstehen.
Besonders einschneidend sind die Pläne, verpflichtende Mindestanforderungen an Gebäude und Energiepässe sowie ein Vermietungsverbot vorzusehen, wenn Mindeststandards nicht eingehalten werden. Zudem besteht die Gefahr, dass im EU-Parlament möglicherweise noch strengere Regulierungen für den Gebäudebereich gefordert werden.
Die EU-Kommission hat angekündigt, auch für den Gebäudebestand ein Mindestmaß an Energie aus erneuerbaren Quellen vorzuschreiben. Die UIPI setze sich dafür ein, dass dies nur für den Fall der umfassenden Modernisierung eines Gebäudes erforderlich werden soll. Auch wird gefordert, dass die Verpflichtung nur greifen soll, wenn der Einsatz erneuerbarer Energien im Bestand technisch möglich und wirtschaftlich ist.
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Überarbeitung der Gebäudeeffizienzrichtlinie. Die EU-Kommission hat angekündigt, Mindestanforderungen an die Energieeffizienz vorzuschreiben. Dies bedeutet, dass Gebäude mit den Energiekennziffern F und G modernisiert werden müssen. Es bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen, wie sie diese Verpflichtung in nationales Recht umsetzen. Frankreich hat beispielsweise die Vermietung in solchen Gebäuden ab 2028 untersagt. Ähnliches könnte auch in Deutschland drohen. Auch der Rechtsrahmen der Energieausweise wird überarbeitet.
Klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050 – die Haus & Grund Vorschläge
Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl und der zentralen Bedeutung des Themas hat Haus & Grund mit klaren Forderungen und Vorschlägen Position bezogen, um einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen. Die einzelnen Punkte sind in einer Broschüre näher erläutert. Diese kann in Gänze unter www.hausundgrund.de/viele-wege-ein-ziel (zum natürlich kostenlosen Download einfach den Link anklicken) abgerufen werden.
Die Vorschläge lauten zusammengefasst wie folgt:
- >>> EU-Emissionshandel: Ein Ziel für alle – Sektorenziele aufheben <<<
Die Herausforderungen sind zu groß, die Notwendigkeit zum Klimaschutz zu drängend, als dass wir uns länger ein kleinteiliges, wenig zielorientiertes Handeln leisten können. Die im Bundes-Klimaschutzgesetz verankerten Sektorziele stehen einer effizienten Vermeidung von CO2-Emissionen entgegen. Sie führen dazu, dass Menschen bei den Wohnkosten überlastet werden, weil sie ineffiziente Maßnahmen finanzieren müssen. - >>> CO2-Einnahmen an die Bürger zurückgeben <<<
Die CO2-Bepreisung im Wärmebereich wird das Heizen mit Öl und Gas für Mieter und Selbstnutzer zunehmend verteuern. Bei der Wohnraumvermietung kann der Staat das Investor-Nutzer-Dilemma lösen, indem er mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung die Mieter bei den höheren Kosten infolge klimaschützender Maßnahmen an den Gebäuden unterstützt. Mit den verbleibenden Einnahmen müssen zur Entlastung der Haushalte sukzessive die Stromkosten gesenkt werden. - >>> Das Verursacherprinzip durchsetzen <<<
Die Kosten des CO2-Preises bei Gas und Heizöl müssen im Falle vermieteter Wohnungen vollständig von den Verursachern – also den Mietern – getragen werden. Mieter sind allein verantwortlich für ihr Verbrauchsverhalten und nur sie können es beeinflussen. Sie sind es, die über den Verbrauch entscheiden und sie sind es, die Mietwohnungen nachfragen bzw. nicht nachfragen. Vermieter investieren in klimaneutrale Heiztechnologien, wenn sie nur dann noch Mieter für ihre Wohnung finden. Es ist nicht im Sinne des Klimaschutzes, Vermieter an den gestiegenen Verbrauchs- und Komfortansprüchen einkommensstarker Mieterhaushalte zu beteiligen. - >>> Eigenversorgung der Mieter mit Ökostrom ermöglichen <<<
Im oder auf dem Haus erzeugter Ökostrom muss künftig unbürokratisch von den Mietern genutzt werden können. Dafür müssen die regulatorischen Hürden fallen, sodass Vermieter diesen Teil des Stroms über die Betriebskosten mit ihren Mietern abrechnen können. Hauseigener Ökostrom sollte als Nebenleistung zur Vermietung behandelt werden. Die Ungleichbehandlung von Eigenversorgung und Mieterstrom muss aufgehoben werden. Zudem bedarf es einer Erleichterung der Versorgung mit Ökostrom in Wohnungseigentümergemeinschaften. Langfristig bedarf es eines einheitlichen Energiegesetzes. - >>> Fördern, was gefordert ist <<<
Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebestand müssen auch dann gefördert werden, wenn nur die nach dem Gebäudeenergiegesetz geforderten Klimaschutzstandards erreicht werden können. Dazu muss die Bundeshaushaltsordnung so geändert werden, dass sie eine finanzielle Förderung gesetzlich vorgeschriebener Maßnahmen nicht mehr ausschließt. - >>> Versorgungsatlas einführen – Planungssicherheit für Klimaschutzinvestitionen schaffen <<<
Bis 2025 brauchen Eigentümer einen verbindlichen Versorgungsatlas ihrer Stadt oder Kommune. Der Versorgungsatlas muss für jedes Wohngebäude Zeitpunkt und Art der klimaneutralen Wärme- und Energieversorgung verbindlich ausweisen. Nur so können Eigentümer ihre Maßnahmen am Gebäude an die entsprechende Wärme- und Energieversorgung der Zukunft anpassen. Ohne diese Planungsvoraussetzung sind Klimaschutz und bezahlbares Wohnen nicht in Einklang zu bringen.
Fazit: Es darf keine weiteren Angriffe auf das Immobilieneigentum geben
Mit der Umsetzung der Pläne der EU-Kommission darf es zu keiner neuen Bürokratie kommen, die in die grundgesetzlich geschützte Substanz des Immobilieneigentums eingreift. Ganz gleich, wie die endgültigen Vorgaben aus Brüssel sein werden: Die Bundes- und Landespolitik sind aufgefordert, bei der Umsetzung der EU-Vorgaben die Interessen der privaten Immobilieneigentümer zu berücksichtigen. Es darf nicht so weit kommen, dass Immobilieneigentümer eine leerstehende Wohnung nicht individuell sanieren können, aber unsaniert auch nicht mehr vermieten dürfen. Die Ziele einer sozialen Wohnungspolitik und des Klimaschutzes müssen fair ausgeglichen werden. Anderenfalls wird sich auch in Rheinland-Pfalz das Angebot an Wohnungen weiter verringern und die Mietpreise werden steigen.
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.