2017 wird für uns Immobilieneigentümer wieder einmal zum Jahr der Entscheidungen
Der Sinn der Politik ist Freiheit. Dieser Leitsatz der großen Philosophin und Publizistin Hannah Arendt ist aktueller denn je. Denn im Bundestagswahljahr 2017 ist es an der Politik, für Bedingungen zu sorgen, in denen sich die Menschen frei verwirklichen können. Die Haus- und Grundeigentümer wissen um ihre Verantwortung, stellen aber auch berechtigte Forderungen. Ein Ausblick vom Vorsitzenden des Haus & Grund Landesverbands Rheinland-Pfalz, Manfred Leyendecker.
Nach wie vor höchst attraktiv: Es gibt kaum eine bessere Investition als die eigenen vier Wände. Wenn da nicht der Staat wäre, der mit immer neuen Auflagen und Forderungen unsere Freude am Eigentum mehr und mehr trübt. - Foto: JSB31/fotolia
Von Ass. jur. Manfred Leyendecker
Wer ein Haus baut, unterschätzt oft die Nebenkosten, darunter die im Laufe der Zeit anfallenden Ausgaben für Reparaturen und Renovierungen. Und wer sein Haus in Schuss hält, kann nicht wissen, ob er in einigen Jahrzehnten eine kaufkräftige Nachfrage dafür findet. Am bedrohlichsten jedoch ist das juristische Damoklesschwert, das über jedem Haus- und Grundeigentümer hängt.
Mehr und mehr droht uns schleichende Enteignung
Mieterschutz, Klimaschutz, Denkmalschutz, Umweltschutz, Brandschutz, Milieuschutz, um nur einige Sach- und Rechtsgebiete zu nennen, schränken das private Haus- und Grundeigentum in der Gesamtbelastung so sehr ein, dass dies einer schleichenden Enteignung gleichkommen kann. Im Rahmen von allen möglichen Erhaltungs- und/oder Entwicklungssatzungen bestimmen nicht die Eigentümer, sondern Behörden über das Eigentum, über Kaufpreise, Ausgleichsabgaben und die Verfügbarkeit der Grundstücke.
Die Immobilie bleibt trotz allem Hort der Sicherheit
All dies ändert nichts daran, dass Wohnraum auf lange Sicht im Durchschnitt eine sehr rentable Anlage gewesen ist, wie langfristige Untersuchungen für die Industrienationen zeigen. Wohnimmobilien stellen eine mindestens ebenso attraktive Kapitalanlage wie Aktien dar. Zudem sind sie weitaus attraktiver als Staatsanleihen oder sichere kurzfristige Anlagen wie Schatzbriefe oder Sparbucheinlagen.
Die jährlichen Schwankungen der Rendite von Häusern sind deutlich geringer als die von Aktien, obgleich sich die Renditen kaum unterscheiden. Andererseits ist der Markt für Wohnimmobilien zweifelsohne nicht so liquide wie der Aktienmarkt. Dennoch ist Immobilieneigentum noch immer ein Hort von größtmöglicher Sicherheit.
Unser Landesverband Haus & Grund Rheinland-Pfalz trägt als 41.000 Mitglieder starke Eigentümerschutz- Gemeinschaft eine hohe Verantwortung. Wir müssen weiterhin eng zusammenstehen, damit wir unser Ziel, den Schutz und Erhalt des privaten Eigentums, heute und in Zukunft behaupten können, sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich. Es ist ein hoher Wert, um den es sich jederzeit mit Nachdruck zu kämpfen lohnt.
Grunderwerbsteuer braucht Befreiungsschlag
Die Grunderwerbsteuer muss nach unserem Dafürhalten dringend reformiert werden. Sie erschwert die Bildung von Wohneigentum, da sie die Nebenkosten (einschließlich der Makler- und Notarkosten) beim Immobilienerwerb auf bis zu 15 Prozent verteuert.
Die Grunderwerbsteuer brachte den Ländern im vergangenen Jahr rund 12 Milliarden Euro ein. Auch Rheinland-Pfalz langt kräftig zu: Der Steuersatz liegt bei 5 Prozent. Demzufolge haben die Länder aus fiskalischen Gründen keinerlei Interesse daran, die Sätze zu senken.
Neben den Erwerbsnebenkosten als Hemmnis beim Immobilienkauf erwarten auch die Banken eine Eigenkapitalquote von zehn bis 20 Prozent. Obwohl die Rahmenbedingungen für den Wohnungskauf derzeit besonders günstig sind, die Einkommen gestiegen sind, der Arbeitsmarkt stabil ist und die höheren Immobilienpreise durch die Zinsentwicklung überkompensiert werden, stagniert die Wohnungseigentumsquote. Maßgeblich hierfür ist vor allem der hohe Kapitalbedarf.
Früher galten für die Grunderwerbsteuer zahlreiche Ausnahmen. Im Jahr 1983 kam dann der große Umbruch. Die zahlreichen Ausnahmen wurden gestrichen und der Steuersatz von 7 auf 2 Prozent herabgesetzt. 1996 erfolgte die erste Erhöhung auf 3,5 Prozent, bevor 2006 der Wettlauf der Länder einsetzte.
Ein Befreiungsschlag wie 1983 wäre auch heutzutage eine vortreffliche Lösung. Zudem ist ein Freibetrag zu fordern, der gerade Haushalten mit niedrigen Einkommen helfen würde, Zugang zum Wohneigentum zu finden. Darüber hinaus muss eine Regelung her, die Steuerschuld zu strecken, z.B. über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dies würde zu mehr Flexibilität führen. In anderen Ländern, wie beispielsweise in den Niederlanden, sind die Gebühren nicht an den Immobilienwert geknüpft. Dieses System der festen Steuersätze könnte auch hierzulande Teil einer wirkungsvollen Reform sein.
Eigentumsförderung ist auch Familienförderung
Der Traum vom Einzug ins eigene Heim: Viele junge Familien hoffen nach wie vor auf günstige staatliche Rahmenbedingungen fürs Immobilieneigentum. Fotos: drubig-photo/fotolia (oben) / PhotographyByMK/fotolia (unten) |
Längst ist allgemein bekannt: Haus- und Grundeigentümer haben eine staatstragende Funktion. Sie betreiben Selbstvorsorge für das Alter und fallen der Allgemeinheit weniger zur Last. Zu begrüßen ist daher der jüngste Vorstoß von Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD). Sie hat vorgeschlagen, Familien eine staatliche Finanzhilfe in Form eines Eigenkapitalzuschusses zu gewähren, wenn sie bauen, ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen.
Nunmehr liegt es an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), alsbald grünes Licht zu geben. Angesichts der reichlich sprudelnden Steuereinnahmen sollte es eigentlich kein langes Zögern geben. Immerhin steigen die Steuereinnahmen nach einer neuen Steuerschätzung bis 2021 um 40 Milliarden Euro. Immerhin gibt es nun in der Union Überlegungen, eine steuerliche Förderung für Familien einzuführen, die Wohneigentum erwerben wollen. Auch mit dieser Option könnten wir uns wohl anfreunden.
Weitere Forderungen an die Steuerpolitik
Ohnehin gehört die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau zu einer von uns seit langem bestehenden Forderung. Bedauerlicherweise ist sie bislang aus politischen Gründen nicht zustande gekommen. Alternativ gilt es nunmehr, für Erleichterungen bei der linearen Abschreibung zu werben. Für Immobilien muss unseres Erachtens die lineare Absetzung für Abnutzung (AfA) schnellstens von zwei auf mindestens drei Prozent angehoben werden. Dies würde bedeuten, dass die Vermieter jedes Jahr eine höhere Summe beim Finanzamt als Wertverlust geltend machen könnten.
Hingegen ist der vielfach erhobenen Forderung von Teilen der SPD, Bündnis90/Die Grünen sowie der Linken auf Wiedereinführung der Vermögensteuer eine dezidierte Absage zu erteilen. Diese Steuer fiele nämlich auch an, wenn Verluste entstünden. Und sie würde letztlich insbesondere kleine Wohnungseigentümer sowie kleine und mittelständische Unternehmen treffen, die hierzulande das ökonomische Rückgrat bilden. Eine derartige Steuer hätte sehr wahrscheinlich sinkende Investitionen sowie Verlagerungen der Unternehmen ins Ausland zur Folge. Mittelbar wären Arbeitsplatzverluste zu erwarten, die gerade die sozial weniger leistungsfähige Bevölkerung träfen. So litten ausgerechnet diejenigen, für die die Befürworter der Vermögensteuer politisch zu fechten glauben.
Weniger Hürden für die Beleihung von Immobilien
Seit März 2016 gelten neue Regeln für Baukredite, die Ältere und Familien benachteiligen. Die Kreditinstitute müssen genauer als früher prüfen, ob der Kreditnehmer seine Schulden mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückzahlen kann. Dabei dürfen sie nicht hauptsächlich auf den Wert der Immobilie setzen.
Die Länder Hessen und Baden-Württemberg wollen über eine Bundesratsinitiative die umstrittene Wohnimmobilienkreditrichtlinie nachbessern. Diesem Vorhaben zollen wir unseren einhelligen Beifall. Auch die Sparkassen setzen sich vehement dafür ein, die Richtlinie zu ändern, weil sie ihrer Meinung nach dazu führt, dass weniger Baukredite vergeben werden.
Die Länder fordern formal, dass bestimmte Begriffe konkretisiert werden, um die Rechtsunsicherheit zu verringern. Wenn genauer definiert würde, dass der Bauherr seinen Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag wahrscheinlich nicht nachkommen kann, könnte die Prüfung der Kreditwürdigkeit vereinfacht werden – auch zum Vorteil des Kreditnehmers.
Zustimmung verdient die Absicht der Länder, dass bei Anschlussfinanzierungen bestehender Verträge nicht noch einmal die Kreditwürdigkeit nach den neuen Regeln geprüft werden soll. Auch ist zu befürworten, dass es Ausnahmen für ältere Menschen geben soll, die ihre Wohnungen altersgerecht umbauen müssen und dafür einen Kredit brauchen – ebenso wie für Menschen, die einen so genannten Immobilienverzehrkredit abschließen, bei dem man im Alter vom Darlehen lebt und die Bank dafür im Todesfall die Immobilie verwerten darf.
Aktuelle Minizinsen bergen große Risiken
Baukredite erscheinen derzeit so billig wie nie und machen sogar die gestiegenen Kaufpreise wett. Doch Vorsicht, denn viele solcher Finanzierungen können nach hinten losgehen. Zumindest dann, wenn man sie nicht bis zur Schuldenfreiheit durchgerechnet hat bzw. nicht über das Ende der Zinsbindungsfrist hinausdenkt.
Denn nur bis zu diesem Zeitpunkt sind die Konditionen in den Kreditverträgen festgeschrieben. Danach beginnt die Finanzierung sozusagen noch einmal von neuem. Die Lockangebote zu Minizinsen gelten in der Regel nur für die ersten zehn Jahre. Danach ist der Kredit aber bei weitem noch nicht abgetragen und die Restschuld muss evtl. teuer refinanziert werden. Denn in einigen Jahren werden die billigen Zinsen von heute aller Wahrscheinlichkeit nach längst Geschichte sein.
Meine Befürchtung ist: Die Hauskäufer, die in einigen Jahren Anschlusskredite benötigen, müssen dann erheblich höhere Monatsraten zahlen oder sie brauchen eben viel länger, um ihre Kredite zu tilgen. Das könnte für viele heutige Immobilienkäufer fatal sein, denn momentan ist die Mehrzahl der Darlehen so ausgelegt, dass sie im Schnitt 26 Jahre laufen, wie eine Markterhebung der Postbank ermittelt hat.
Außerdem steht zu befürchten, dass die Immobilienpreise fallen werden, wenn die Zinsen wieder steigen. Es werden sich nämlich weniger Käufer ein Immobiliendarlehen leisten können. Auch ist es in erster Linie das Trachten nach Betongold, das zuletzt die Hauspreise vielerorts hat stark steigen lassen, stellen Marktbeobachter einhellig fest. Es wird deshalb zu schmerzlichen Anpassungsprozessen kommen, warnen auch die Analysten von Deutsche Bank Research.
Altersgerechter Wohnraum weiterhin Mangelware
Das angesehene Pestel-Institut in Hannover hat bereits vor drei Jahren ermittelt, dass der deutsche Wohnungsmarkt auf die steigende Zahl der Rentner schlecht vorbereitet ist. Soweit ersichtlich, ist dieses Manko bislang kaum gemindert worden. So fehlt es in erster Linie an barrierearmen Wohnungen sowie an kleinen Wohnflächen.
Im Jahr 2035 sollen fast 24 Millionen Menschen älter als 65 Jahre sein – 40 Prozent mehr als heute. Zudem sei zu erwarten, dass es dann 3,5 Millionen Pflegebedürftige gebe. Stufenfreie Wohnungen, die mit Aufzügen erreichbar sind und für Rollstuhlfahrer breitere Türen aufweisen, ermöglichen pflegebedürftigen Menschen eine ambulante Pflege zu Hause.
Auch das Bundesbauministerium hält den Bau von 2,5 Millionen zusätzlichen Seniorenwohnungen für notwendig, um die deutschen Rentner vor Wohnungsnot zu bewahren. Dafür seien Investitionen von rund 40 Milliarden Euro erforderlich. Ohne nachhaltige und effiziente öffentliche Förderung wird diese Herkulesaufgabe nicht zu stemmen sein. Andererseits können sich für die privaten Haus- und Grundeigentümer durchaus erkleckliche Investitionschancen eröffnen.
Fazit: Haus & Grund ist so wichtig wie selten zuvor
Es sind also wahrlich große Herausforderungen an allen Ecken und Enden, denen wir Immobilieneigentümer kurz-, mittel- und langfristig gegenüberstehen. Das gilt sowohl bei der Wahrung unserer berechtigten Interessen, aber auch in Bezug auf das Gemeinwesen. Denn das ist dringend auf unser Engagement angewiesen, um die gesellschaftspolitischen Zukunftsfragen zu lösen.
Haus & Grund ist als Eigentümerschutz-Gemeinschaft heute mehr denn je gefragt, wenn es darum geht, die Belange des privaten Eigentums gegenüber der Politik zu verteidigen. Dies ist nur möglich, wenn uns dabei auch künftig möglichst viele Mitglieder aktiv unterstützen.
Umso erfreulicher ist hier die Entwicklung in den Haus & Grund Ortsvereinen unseres Landesverbands zu sehen. Hier wird gute und erfolgreiche Arbeit geleistet – und das zeigt sich auch an unseren stetig wachsenden Mitgliederzahlen. Gemeinsam sind wir stark – und diese Stärke ist im Jahr 2017 wieder gefragt wie selten zuvor.