Kann ein Bürokratiemonster tatsächlich zum bewussteren Heizen animieren?

In der neuen Heizkostenverordnung sind zahlreiche neue Informationspflichten zum Verbrauch von Heizenergie enthalten. (Nicht nur) Haus & Grund äußert Zweifel, ob der damit verbundene bürokratische Aufwand in der Praxis tatsächlich den gewünschten Spar-Effekt erzielen kann.

 Symbolbild Bürokratie: Bürokratiemonster, Unterlagen, HeizungFotos: weixx, Albert Ziganshin, Demianastur (alle Adobe Stock) / Montage: Satzbaustein

Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Die neue Heizkostenverordnung (HeizkostenV) soll wegweisend für die Energiewende im Gebäudesektor sein. Unterjährige Verbrauchsinformationen sollen es künftig ermöglichen, das Heizverhalten unmittelbar anzupassen. Das soll Energie und somit bares Geld sparen und gleichzeitig die Umwelt entlasten. Ob der damit verbundene zusätzliche Aufwand sich wirtschaftlich rechnet und die Nutzer durch zusätzliche Informationen tatsächlich Energie einsparen werden, bleibt abzuwarten.

Diese Pflichten hat ein Eigentümer seit dem 1. Januar 2022

Jedenfalls ist der Gebäudeeigentümer seit Januar 2022 gemäß § 6a Abs. 1 HeizkostenV dazu verpflichtet, den Nutzern monatlich Informationen über ihren individuellen Energieverbrauch von Heizung und Warmwasser mitzuteilen, wenn diese Anlagen über fernablesbare Verbrauchszähler verfügen. Das bedeutet also, dass etwa ein Vermieter seinen Mietern erstmals im Lauf des Februars die Information zu ihrem Verbrauch vom Januar 2022 zur Verfügung stellen muss.

In diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig zu beachten: Geräte zur Verbrauchserfassung, die jetzt neu eingebaut werden, müssen fernablesbar sein. Fernablesbar ist eine Ausstattung zur Verbrauchserfassung, wenn sie ohne Zugang zu einzelnen Nutzungseinheiten abgelesen werden kann. Vorhandene Messgeräte, die nicht fernablesbar sind, müssen bis Ende 2026 nachgerüstet oder durch fernablesbare Geräte ersetzt werden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn dies im Einzelfall wegen besonderer Umstände technisch nicht möglich ist oder durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen würde.

Auch WEG-Gemeinschaften sind von den neuen Regeln betroffen

Die neuen Vorgaben gelten aber nicht nur zwischen Vermieter und Mieter. Dem „Gebäudeeigentümer“ steht bei Wohneigentum die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Verhältnis zum Wohnungseigentümer gleich. Das bedeutet, dass zukünftig die Eigentümergemeinschaft (= Gebäudeeigentümer i.S.d. HeizkostenV), vertreten durch den Verwalter als ausführendes Organ, gegenüber ihren Wohnungseigentümern (= Nutzer) diese Pflicht zu erfüllen hat. Vermietende Wohnungseigentümer haben ein gesondertes Pflichtverhältnis zu ihrem Mieter, das sie erfüllen müssen. Zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem Mieter bestehen keine direkten Pflichten oder Rechte hinsichtlich der Verbrauchsinformationen.

Erweiterte Kürzungsrechte bei der Heizkostenabrechnung

Zusammen mit den neuen Regeln für fernablesbare Zähler und monatliche Informationspflichten gibt es ein erweitertes Kürzungsrecht für Mieter. Sie können bei der jährlichen Heizkostenabrechnung den auf sie entfallenden Kostenanteil um je drei Prozent kürzen, wenn ihr Vermieter pflichtwidrig keine fernablesbaren Geräte installiert oder seinen Informationspflichten nicht nachkommt. Hinzu kommt die bereits bestehende Möglichkeit, die Abrechnung um 15% zu kürzen, soweit Wärme und Warmwasser nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Im Einzelfall kann so bei mehreren Pflichtverstößen durch die Kürzungsrechte maximal eine Summe von 21% entstehen. Wohnungseigentümern stehen diese Kürzungsrechte im Verhältnis zur WEG nicht zu.

Inhalt und Gestaltung der neuen Verbrauchsinformation

Die monatliche Mitteilung der neuen unterjährigen Verbrauchsinformation muss folgende Informationen enthalten:

  • aktuelle Verbrauchswerte von Heizung und Warmwasser,
  • Verbrauchswerte des Vormonats,
  • Verbrauch im entsprechenden Monat des Vorjahres sowie
  • Vergleich des eigenen Verbrauchs mit Durchschnittswerten vergleichbarer Wohnungen.

Außerdem müssen zusammen mit der jährlichen Verbrauchsabrechnung weitere Informationen zugänglich gemacht werden Dazu gehören z.B.

  • der Anteil der eingesetzten Energieträger und bei Nutzern, die mit Fernwärme aus Fernwärmesystemen versorgt werden, auch Informationen über die damit verbundenen jährlichen Treibhausgasemissionen und den Primärenergiefaktor des Fernwärmenetzes,
  • die erhobenen Steuern, Abgaben und Zölle,
  • Kontaktinformationen wie Internetadressen von Verbraucherorganisationen, Energieagenturen oder ähnlichen Einrichtungen, bei denen Informationen über angebotene Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesserung, Endnutzer-Vergleichsprofile und objektive technische Spezifikationen für energiebetriebene Geräte eingeholt werden können.

„Spartipp des Monats“ für Heizen und Warmwasser

Das Umweltbundesamt (UBA) hat zu dem Thema kürzlich einen umfassenden „Leitfaden für Heizenergie-Verbrauchsinformationen“ veröffentlicht. Damit sollen Informationen so gestaltet werden können, dass sie rechtssicher und gut verständlich sind und zum Energiesparen motivieren. Das UBA erwartet, dass mehr Transparenz über den eigenen monatlichen Energieverbrauch und über die Kosten für Heizen und Warmwasser die Nutzer dazu motivieren kann, sich energiesparend zu verhalten.

Die neuen Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen sollen Impulse für ein energiesparendes Verhalten geben und damit verhaltensbedingte Energiesparpotenziale ausschöpfen. Das UBA differenziert dabei zwischen drei relevanten Motivationsebenen. Diese sind eine Kosten-Nutzen-Abwägung, die ökologische Norm sowie die soziale Norm. Als „Highlight“ empfiehlt das UBA den „Spartipp des Monats“ zum energiesparenden Verhalten. Damit sollen Handlungsoptionen aufgezeigt und die Nutzer befähigt werden, ihre Einsparpotenziale auszuschöpfen. Das UBA geht davon aus, dass monatliche Heizinformationen mit möglichst spezifisch ausgewiesenen Einsparpotenzialen aus psychologischer Perspektive am hilfreichsten wären.

Viele offene Fragen für die praktische Umsetzung

In der praktischen Umsetzung der neuen Pflichten sind noch viele Fragen ungeklärt:

  • Was umfasst die beschriebene Mindestinformationspflicht?
  • Wo genau sollen die erforderlichen Daten herkommen?
  • Kann und muss sich der Vermieter an (s)einen Versorger wenden und ist dieser verpflichtet, erforderliche Vergleichsdaten bereitzustellen, insbesondere Vergleichsdaten zu „Durchschnittsnutzern“?
  • Wenn Zusatzkosten entstehen, sind diese umlegbar?
  • Hat die Informationspflicht auch der Vermieter eines Objekts, das teilweise über digitale und teilweise über analoge Erfassungsgeräte verfügt?
  • Trifft die Informationspflicht auch den Vermieter eines Objekts, in dem mehrere Heizsysteme (z.B. Pellets & Gas & Solar oder z.T. Gasetagenheizung) zum Einsatz kommen, und wie soll der betroffene Vermieter in einem solchen Fall taugliche Vergleichsdaten beschaffen?
  • Welche Folgen hat es, wenn trotz Bemühungen Vergleichsdaten nicht zu beschaffen sind?
  • Was passiert, wenn der Mieter die Information über die monatlichen Verbräuche nicht erhalten will?
  • Kann ein Mieter die Nutzung eines Onlineportals verweigern?

Fazit: Auch die Frage nach dem Nutzen der Neuregelung bleibt vorerst offen

Eine Verpflichtung des Mieters, ein elektronisches System, Onlineportal oder Ähnliches zu nutzen, dürfte nicht vorliegen. Grundsätzlich ist es so, dass keine Formvorschriften für die Verbrauchsinformationen bestehen. Dies kann in Papierform oder auf elektronischem Weg, etwa per E-Mail, geschehen. Wenn Mieter nicht mit der Nutzung eines Webportals einverstanden sind oder eine E-Mail-Adresse nicht mitteilen, sind die Verbrauchsinformationen in Papierform zur Verfügung zu stellen. Unabhängig von der Art der Kommunikation muss nach dem Gesetzestext davon ausgegangen werden, dass der Vermieter beweisen muss, dass der Mieter entweder die Verbrauchsinformationen selbst oder aber die Nachricht erhalten hat, wo diese Informationen zu finden sind. Da dem Mieter ein Kürzungsrecht zusteht, wird diese Beweismöglichkeit für die Zukunft von finanzieller Bedeutung sein.

Viele Punkte der neuen Regelung müssen noch den Praxistest „bestehen“. Allein dadurch, dass Nutzer keine Möglichkeit haben, auf die zusätzlichen Informationen zu verzichten, ist nicht gewährleistet, dass es zu einem veränderten Verhalten kommt. Vermieter sind verpflichtet, die unterjährigen Verbrauchsinformationen mitzuteilen. Entsprechendes gilt auch im Verhältnis der WEG zu ihren Eigentümern. Der tatsächlich zu erzielende Einspareffekt ist dabei nicht sicher messbar.

So wird am Ende abzuwarten bleiben, ob ein Bürokratiemonster tatsächlich zum bewussteren Umgang mit Heizenergie animieren kann – oder ob die neue Verordnung nur für mehr heiße Luft sorgt. Nur dass diese im Zweifel Eigentümer teuer zu stehen kommen kann. 

 

Unser Autor: der Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld

Unser Autor: Ralf Schönfeld 
ist Verbandsdirektor des 
Landesverbands Haus 
& Grund Rheinland-Pfalz.

 

Zurück

Cookie-Hinweis

Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung zu ermöglichen. Wenn Sie nachfolgend zustimmen, werden alle Einstellungen aktiviert.

Cookie-Einstellungen