Schreckgespenst Inflation – Gute Zeiten für Haus- und Grundeigentümer?

Die Inflationsrate lag im September so hoch wie zuletzt 1993. Vor allem Energie, insbesondere Heizöl und Kraftstoffe, kostet deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Preissteigerungen sind durch die Corona-Pandemie zu erklären – und bieten Immobilieneigentümern sogar Chancen.

 Symbolbild Inflation: Euromünze schmilzt in FlammeFoto:Wolfilser / Adobe Stock

Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindexes (VPI) zum Vorjahresmonat – lag im September 2021 bei +4,1%. In den beiden Vormonaten Juli und August 2021 hatte sie noch knapp unter 4% gelegen. Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt im Dezember 1993 mit +4,3%. Insgesamt haben sich die Preise für Waren von September 2020 bis September 2021 überdurchschnittlich um 6,1% erhöht, wobei vor allem die Energiepreise mit +14,3% deutlich über der Gesamtteuerung lagen. Vor allem Heizöl (+76,5%) und Kraftstoffe (+28,4%) sind betroffen. Auch die Preise für Erdgas (+5,7%) und Strom (+2,0%) erhöhten sich. Im nun anstehenden Winter ist hier mit einer weiteren Kostenexplosion zu rechnen. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf die Inflationsrate: Ohne Berücksichtigung der Energieprodukte hätte die Inflationsrate im September 2021 „nur“ bei +3,1% gelegen.

Mieten sind nur unterhalb der Inflationsrate gestiegen

Während die Preise für Dienstleistungen insgesamt im September 2021 um 2,5% über dem Niveau des Vorjahresmonats lagen, verteuerten sich die Nettokaltmieten nur um 1,4%. Deutlicher erhöhten sich unter anderem die Preise für Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (+5,4%), Leistungen sozialer Einrichtungen (+5,0%) sowie für Gaststättendienstleistungen (+3,6%).

Warum sind die Preise in letzter Zeit kräftig gestiegen?

Die wichtigsten Aspekte der aktuellen Inflationsentwicklungen hängen mit der Corona-Pandemie zusammen. Mit Beginn der Pandemie war die Weltwirtschaft eingebrochen. Dadurch kam es zu sinkenden Preisen. Doch seit einigen Monaten erholt sich die Konjunktur wieder – Verbraucher geben mehr Geld aus, Firmen produzieren und investieren mehr. Die steigende Nachfrage führt automatisch zu steigenden Preisen und damit zu Inflation. Die Preiserhöhungen können zudem leichter durchgesetzt werden, da Verbraucher im Corona-Lockdown Geld gespart haben – etwa durch ausgefallene Urlaubsreisen und Restaurantbesuche.

Wenn die Inflationsraten nun besonders hoch sind, liegt das auch daran, dass sie vor einem Jahr so ungewöhnlich niedrig waren. Hier zeigt sich ein so genannter Basiseffekt: Vergleicht man die Werte für 2019 und 2020 mit den aktuellen Zahlen, dann zeigt sich, dass im August die Preise um rund 3,9% höher als im Krisenjahr 2020 lagen. Sie lagen allerdings auch 3,9% höher als im August 2019. Daraus folgt: Im Vergleich zum Niveau vor der Corona-Krise sind die Preise im Jahresdurchschnitt pro Jahr gerade einmal um knapp 2% gestiegen.

Hinzu kommt die andauernde Störung der globalen Lieferketten, weshalb bereits jetzt der frühzeitige Kauf der Weihnachtsgeschenke empfohlen wird. Grund dafür ist unter anderem, dass in der Corona-Pandemie viele Firmen ihre Produktions- und Personalkapazität stark reduziert haben. Wenn dann die Erholung der Wirtschaft schneller als erwartet kommt, entstehen Probleme. Das Hochfahren kostet Zeit. Personal wurde abgebaut und muss neu rekrutiert werden. Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit reduziert oder sich gleich einen anderen Job gesucht haben, können nicht automatisch in den früheren Zustand versetzt werden. Das bedeutet: Die Nachfrage nach Produkten steigt schneller als das Angebot, wodurch es zu steigenden Preisen kommt.

Mit der Corona-Pandemie wurden die globalen Lieferrouten in der Containerschifffahrt durcheinandergewirbelt. In vielen Häfen kommt es zu Staus. Frachtcontainer sind oft Mangelware. Dadurch explodieren die Transportkosten und damit die Endverbraucherpreise.

Gleichzeitig führen der aktuelle konjunkturelle Boom und die Lieferschwierigkeiten nach der Corona-Rezession weltweit zu regelrechten Hamsterkäufen der Unternehmen. Diese versuchen, ihre Lagerbestände aufzufüllen. Da das weltweit passiert, steigen auch dadurch die Preise.

In Deutschland kommt ein weiterer statistischer Sondereffekt hinzu, der die Inflation nun zusätzlich anheizt. In der zweiten Jahreshälfte 2020 hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuersätze gesenkt, um die Wirtschaft in der Pandemie anzukurbeln. Dadurch fielen die Preise zeitweise sogar. Seit Anfang 2021 gelten wieder die normalen (höheren) Steuersätze. Die Folge: In der zweiten Hälfte dieses Jahres steigt die Inflationsrate, da als Vergleichsmaßstab die von der Steuersenkung verbilligten Waren und Dienstleistungen herangezogen werden.

Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

In der aktuellen Situation bleiben Immobilien eine gute und sichere Kapitalanlage, da sie einen langfristigen Vermögenserhalt bieten. Die Märkte für Wohnimmobilien bleiben bestimmt von Angebot und Nachfrage, von den Finanzierungsmöglichkeiten und den Erwartungen der Haushalte über die Entwicklung der individuellen Arbeitseinkommen. Hinzu kommt die Bedeutung für die Altersvorsorge.

Kurzfristig kann es bei der Immobilienfinanzierung wegen der Inflation zu Problemen für die Immobilienwerteinschätzung durch die Banken kommen. Hier muss beobachtet werden, inwieweit die Immobilienwerte aus Bankensicht mit der Inflationsentwicklung Schritt halten. Unter Umständen kann hier ein größerer Eigenkapitaleinsatz gefordert werden, wenn die Bankbewertung nicht mit dem aufgerufenen Kaufpreis mithalten kann.

Warum können Vermieter nun profitieren?

Mit den zunehmenden Gängelungen im Mietrecht hat sich ein Trend zur Vereinbarung der Indexmiete entwickelt. Eine Indexmietvereinbarung bietet für Vermieter und Mieter Transparenz und verhindert erfahrungsgemäß Streit. Der Indexmietvertrag orientiert sich allein an der Entwicklung der Verbraucherpreise. Steigen die Lebenshaltungskosten und damit die Inflation, steigt die Basis für die Berechnung der Miete. Wer einen Indexvertrag hat, muss also nicht nur für Butter, Brot, Gas und Heizöl mehr bezahlen. Auch seine Wohnkosten können steigen. Damit wird vor allem der Ärger bei den sonst erforderlichen formellen Mieterhöhungsverfahren vermieden. Der offizielle Index ist ohne Zweifel. Beim klassischen Mietvertrag kommt es oft zum Streit über die ortsübliche Vergleichsmiete.

Darauf müssen Vermieter bei einer Mietanpassung achten

So wie sich die Verbraucherpreise nach oben entwickeln, darf der Vermieter die Miete anpassen. Will er mehr Miete, muss er aktiv werden und dem Mieter – gestützt auf den Preisindex – eine Erhöhungs- oder Änderungserklärung zusenden. Ist die Verteuerung schriftlich angekündigt, kann sie zum übernächsten Monat wirksam werden. Die letzte Anhebung muss mindestens ein Jahr zurückliegen. Das Statistische Bundesamt bietet unter www.destatis.de einen Online-Rechner an, mit dem sich die Veränderungen auch für Laien nachvollziehen lassen (mehr dazu hier). Wenn sich jetzt Mieter beschweren, weil ein Indexmietvertrag zur Mieterhöhung führt, kann dem entgegengehalten werden, dass in den letzten 20 Jahren die Mieter, vor allem in Ballungsräumen, mit dem Index besser gefahren sind als mit normalen Erhöhungen anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Fazit: Keine Sorge vor der Inflation – Vermieter sollten die Vorteile nutzen

Es gibt vielen (Sonder-)Faktoren, die dafürsprechen, dass die hohe Inflationsrate nicht von Dauer sein wird. Langfristig ist davon auszugehen, dass sich die Weltwirtschaft wieder erholt und sich die Inflationsrate wieder auf einem normalen Niveau einpendelt. Immobilien eignen sich weiterhin hervorragend als langfristige Kapitalanlage mit hohem Inflationsschutz. Vermieter mit einer Indexmietvereinbarung sollten die aktuelle Situation nutzen und von ihrem Recht zur Mietanpassung Gebrauch machen.

 

Unser Autor: der Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld

Unser Autor: Ralf Schönfeld 
ist Verbandsdirektor des 
Landesverbands Haus 
& Grund Rheinland-Pfalz.

 

Zurück

Cookie-Hinweis

Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung zu ermöglichen. Wenn Sie nachfolgend zustimmen, werden alle Einstellungen aktiviert.

Cookie-Einstellungen