Steuerbelastung für Immobilieneigentümer: Herbstblues trifft es längst nicht mehr...
Was sollen private Eigentümer und Vermieter in Zukunft noch alles stemmen? Angesichts immer neuer Steuerbelastungen stellt sich diese Frage drängender denn je. So bringt die Grundsteuerreform neue Bürokratie und die Grunderwerbsteuerbelastung wird zur Eigentumsbremse.
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Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld
Die Bundestagswahl ist vorbei. Ganz gleich, wie das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen für eine neue Bundesregierung ausgehen wird, für Immobilieneigentümer und private Kleinvermieter sieht es eher nach einem trüben Herbst aus. Dazu tragen auch die bereits bevorstehenden Belastungen durch die Reform der Grundsteuer sowie die durch steigende Immobilienpreise geradezu explodierenden Grunderwerbsteuern bei.
Grundsteuerreform: Zukünftige Steuerformulare bedeuten hohen Bürokratieaufwand
nders als die Grunderwerbsteuer (einmalig zu zahlen bei Kauf eines Grundstücks oder Gebäudes), muss die Grundsteuer jedes Jahr bezahlt werden. Bei Mietverhältnissen kann diese per Vertrag mit der Betriebskostenabrechnung auf Mieter umgelegt werden.
Zum Stichtag 1. Januar 2022 erfolgt nun erstmals die Hauptfeststellung der neuen Grundsteuerwerte. Dazu werden Immobilieneigentümer in Kürze zur Abgabe von entsprechenden Steuererklärungen aufgefordert. Die Festsetzung und Erhebung der Steuer erfolgt dann durch die Kommunen anhand der Grundsteuermessbeträge, die den Kommunen bis Mitte 2024 von den Finanzämtern zur Verfügung gestellt werden. Ab dem Kalenderjahr 2025 wird dann erstmals durch die Kommunen die neue Grundsteuer festgesetzt.
Aktuell laufen die Maßnahmen zur Umsetzung der Grundsteuerreform auf Hochtouren. Die rheinland-pfälzische Finanzverwaltung muss dabei viele technische, organisatorische, personelle und inhaltliche Veränderungen umsetzen, um die neuen Aufgaben bewältigen zu können. Gleichzeitig arbeitet das Bundesfinanzministerium an den neuen Formularen für die Immobilienbewertung zum Zweck der Grundsteuerfestsetzung. Konkret hat das Bundesfinanzministerium für das auch in Rheinland-Pfalz geltende Bundes-Modell fünf verschiedene Formulare vorgelegt, die für die betroffenen Immobilieneigentümer einen erheblichen Aufwand bedeuten:
- Hauptvordruck für die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (5 Seiten)
- Anlage Grundstück zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (2 Seiten)
- Anlage Grundsteuerbefreiung/-vergünstigung zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (1 Seite)
- Anlage Land- und Forstwirtschaft zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (2 Seiten)
- Anlage Tierbestand zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (2 Seiten)
Zusätzlich wird es zwei umfassende Verwaltungsanweisungen der obersten Finanzbehörden der Länder geben. Darin werden auf rund 90 (!) Seiten Hinweise für die Finanzämter zur Anwendung des Bewertungsgesetzes zur Bewertung des Grundbesitzes (allgemeiner Teil und Grundvermögen sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen) für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022 gegeben.
Das richtige Ausfüllen dieser Formulare werden viele Immobilieneigentümer nur mit Hilfe des steuerlichen Beraters bewältigen können. Das Ausmaß der Erhebungsbürokratie wird besonders deutlich bei der Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen. Hier gibt es eine zusätzliche Anlage Tierbestand, die 22 Tierarten nach Bestand und 19 Tierarten nach Erzeugung abfragt. Neben Pferden, Rindern (oder etwa auch Färsen, also ausgewachsenen weiblichen Rindern, die noch nicht gekalbt haben), Schweinen und Hühnern interessiert sich das Finanzamt sogar für Alpakas, Lamas, Strauße, Ziegen sowie Mastkaninchen.
Um die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Aktualisierung der Bewertung alle sieben Jahre zu schaffen, beabsichtigt die Finanzverwaltung den „klugen Einsatz digitaler Möglichkeiten bei der Datenerhebung und -bearbeitung“, damit diese weitgehend automatisch erfolgen kann. Hier bestehen aus Sicht von Haus & Grund nach wie vor erhebliche Zweifel, dass die Grundbesitzbewertung zukünftig ohne zusätzlich Bürokratie auskommen wird. Hinzu kommt das Versprechen der „aufkommensneutralen“ Reform, an das in Zeiten leerer kommunaler Kassen kaum noch zu glauben ist.
Grunderwerbsteuer: Land profitiert vom Immobilienpreisboom
Ein zunehmende „Eigentumsbremse“ stellt zudem die hohe Belastung mit Grunderwerbsteuer dar. Junge Familien, Mieter, die erstmals Immobilieneigentum erwerben wollen, oder Rentner, die das große Haus auf dem Land gegen die kleine Wohnung in der Stadt tauschen wollen, können sich den Traum vom passenden Eigenheim immer seltener leisten, weil u.a. die Belastung durch die Grunderwerbsteuer fünfstellige Beträge ausmacht. Bei einem Kaufpreis von z.B. 400.000 Euro kassiert das Land bereits 20.000 Euro Grunderwerbsteuer.
Besonders perfide ist dabei die Wechselwirkung zwischen fehlenden politischen Maßnahmen für mehr Wohnraum und dem Profitieren des Landes an den dadurch steigenden Immobilienpreisen: In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Grunderwerbsteuereinnahmen des Landes mehr als verdreifacht! Auch ohne den Effekt der Erhöhung des Steuersatzes von 3,5% auf 5% im Jahr 2012 ergibt sich von 2013 bis 2020 fast eine Verdoppelung der Einnahmen. Noch anschaulicher wird es, wenn man die Anzahl der bearbeiteten Steuerfälle mit dem Anstieg der Steuereinnahmen vergleicht: Von 2018 bis 2020 sind die von den Finanzämtern bearbeiteten Erwerbsvorgänge bei der Grunderwerbsteuer nur um 6,37% gestiegen, während die Steuereinnahmen bei der Grunderwerbsteuer im gleichen Zeitraum um 27,7% (!) gestiegen sind.
Heftige Bremse bei der Eigentumsbildung: Die Grunderwerbsteuereinnahmen haben sich seit dem Jahr 2010 mehr als verdreifacht! |
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Steuersenkung ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit
Es wäre eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, die Grunderwerbsteuer zu senken. Bei ohnehin stark gestiegenen Immobilienpreisen verteuert diese Steuer den Erwerb von Wohneigentum zusätzlich. Dazu tragen neben dem direkten Effekt zwei indirekte Effekte bei. Zum einen gibt es einen Kaskadeneffekt. Bei jedem Kauf der Wohnung fällt die Grunderwerbsteuer an, die der Käufer bei einem eventuellen Verkauf ggf. miteinbezieht. So steigen die Häuser- und Wohnungspreise von Transaktion zu Transaktion, um mindestens die Kaufnebenkosten wieder einzuspielen. Zum anderen senkt die Grunderwerbsteuer das Eigenkapital, weil die Steuer nicht von der Bank beliehen wird. Dadurch ist die notwendige Kreditsumme höher. Auch gehen mit niedrigerem Eigenkapital höhere Zinsen einher.
Fazit: Höchste Zeit für steuerliche Entlastungen beim Immobilienerwerb
Dass das Land noch vom Bundesmodell zur Reform der Grundsteuer im Sinne einer Vereinfachung (Beispiel Hessen oder Bayern) abweichen wird, ist nicht zu erwarten. Daher sollte zumindest bei der Grunderwerbsteuer ein politisches Umdenken erfolgen und die Bildung von Immobilieneigentum aktiv gefördert werden. Während mögliche Freibeträge für den Erwerb durch Familien o.Ä. eine Gesetzesänderung auf Bundesebene erfordern, könnte das Land Rheinland-Pfalz viel einfacher und bürgerfreundlicher agieren, indem der Steuersatz von 5% bei der Grunderwerbsteuer gesenkt wird. Der Anstieg der Immobilienpreise in den vergangenen Jahren bietet dazu die Grundlage, ohne gravierende Einbußen bei den Steuereinnahmen zu erwarten.
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.