Sehr knifflig: Beim Einbau einer Klimaanlage in der WEG gilt es eine Menge zu beachten
Wohnungseigentümer sollten sich vor dem Einbau von Split-Klimageräten besser gut informieren.
Foto: obs/Stiebel Eltron
Von Verbandsdirektor
RA Ralf Schönfeld
In Zeiten des Klimawandels wird der Einbau von Split-Klimageräten immer häufiger nachfragt. Während im Mietrecht die Einigung zwischen Vermieter und Mieter relativ einfach vereinbart werden kann, sind die Regeln für Wohnungseigentümer komplizierter. Es ist also kein Wunder, dass sich Gerichte in jüngster Zeit öfters mit dem Einbau von Klimageräten in einer WEG beschäftigen mussten.
Der Einbau ist eine bauliche Veränderung
Für Fragen der Gestattung handelt es sich beim Einbau einer Klimaanlage um eine bauliche Veränderung, die nach § 20 Abs. 1 WEG (siehe Grafik im Kasten) durch einfachen Mehrheitsbeschluss – also auch ohne die Zustimmung des (vermeintlich) Beeinträchtigten – beschlossen werden kann. Eine bauliche Veränderung ist positiv jede Maßnahme eines Wohnungseigentümers, die über eine ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, dieses durch Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums umgestaltet und auf Dauer angelegt ist.
Bohren durch die Fassade ein Substanzeingriff
Für das Aufstellen eines Split-Klimageräts und das Installieren einer Klimaanlage sind in der Regel das Bohren eines Lochs durch Gemeinschaftseigentum in den Außenbereich zum Aufstellort des Geräts, das Aufstellen des Split-Klimageräts sowie Leitungsverlegearbeiten im Sondereigentum erforderlich. Das Aufstellen von Gegenständen und das Bohren eines Lochs durch die Außenfassade oder durch Fensterrahmen sind nach herrschender Ansicht ein Substanzeingriff in diesem Sinne und daher eine bauliche Veränderung.
Unterscheidung zwischen Einbau und Betrieb
In einem vom Amtsgericht Ludwigshafen (Urteil vom 26.01.2022, Az. 2p C 88/21) entschiedenen Fall wurde ausdrücklich zwischen dem reinen Einbau des Klimageräts und dessen späterem Betrieb unterschieden. Durch Mehrheitsbeschluss wurde einem Wohnungseigentümer der Einbau eines Klimasplitgeräts auf seinem Balkon inklusive einer Fassadendurchbohrung auf eigene Kosten gestattet. Dabei wurde klargestellt, dass Ansprüche der anderen Eigentümer wegen Störungen aus dem (späteren) Betrieb für das fremde Sondereigentum nicht berührt bleiben.
Den Umfang der Nutzung „nachgelagert“ regeln
Jedoch, so das Gericht, unterliege dieser Betrieb dann § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die konkreten Auswirkungen auf die umliegenden Wohnungen „naturgemäß“ nicht bekannt seien und wegen der Vielzahl von Faktoren, die für die Fragen der Lärmübertragung und Bildung eines Wärmestaus relevant seien, nicht „prognostiziert“ werden könnten, sei der Umfang der Nutzung gegebenenfalls „nachgelagert“ zu regeln, um unbillige Benachteiligungen anderer Miteigentümer zu vermeiden. Indem der Beschluss keine Vorgaben bezüglich der gestatteten Emissionen beinhalte, die Abwehrrechte aus § 14 Abs. 2 WEG unberührt lasse und das Kostenrisiko des Einbaus ausschließlich dem Verlangenden aufbürde, stelle der Beschluss keinen Verstoß gegen § 20 Abs. 4 WEG dar und wahre die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
„Erst einmal gucken“ eine eher fragwürdige Praxis
Ob das so ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, wenn man erst einmal „gucken will, was nach dem Einbau passiert“ kann man infrage stellen. Denn man hätte aus Bestimmtheitsgründen auch direkt regeln können, was wie gestattet und wo welche Anlage wie verbaut wird. Auch für den Wohnungseigentümer, der eine solche Einbaugenehmigung erhält, kann dieses Vorgehen nicht empfohlen werden.
Folgestreit über den Lärm wohl bereits vorherzusehen
Die Frage, ob mit dem Betrieb des Klimageräts nicht störende Emissionen etc. verbunden sind, bleibt offen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist hier bereits der Folgestreit über die besondere „Lästigkeit“ der Geräuschemissionen vorherzusehen. Wenn das Gericht in einem solchen Folgeverfahren einen Abwehranspruch gegen die Emissionen feststellt, folgt daraus ein Rückbauanspruch, der die getätigten Investitionen in das Klimagerät rückwirkend nutzlos macht.
Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg (Urteil v. 24.09.2021, Az. 980a C 46/19) hat sich dagegen direkt umfassend mit dem Einbau und den möglichen Nachteilen des Betriebs auseinandergesetzt. Der streitgegenständliche Beschlussantrag lautete sinngemäß: „Die Eigentümer genehmigen jeweils ein Außengerät der Split-Anlage auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon zum Schlafzimmer der Wohnung zu installieren/zu stellen und so zu platzieren, dass diese von unten, der Straße und den Gehwegen, nicht sichtbar sind. Hierfür ist jeweils eine Bohrung durch die Außenwand vorzunehmen. Der Eigentümer hat sämtliche mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie mögliche Folgekosten zu tragen. Die Gemeinschaft ist von sämtlichen mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten freizuhalten.“
Nächtliche Geräusche unzumutbar nachteilig
Bei der Bewertung hat das Gericht zwischen der Kernbohrung durch die Außenwand und dem Betrieb der Klimaanlage differenziert: Ohne dies näher im Kontext mit dem Nachteilsbegriff zu begründen, im Ergebnis aber zutreffend, hat das Gericht die Kernbohrung als nicht nachteilig bewertet. Demgegenüber wertet das Gericht die mit dem Betrieb der Klimaanlage verbundenen nächtlichen Geräuschrisiken bzw. tatsächlich möglichen Geräusche als unzumutbar nachteilig.
Niedrige Schwelle für die Beeinträchtigungsfrage
Der beabsichtigte Betrieb der in Rede stehenden Klimageräte stellt einen „Nachteil“ im rechtlichen Sinn dar, sofern eine „nicht ganz unerhebliche“ Beeinträchtigung vorliegt, die konkret und objektiv sein muss. Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Die Schwelle für die Annahme einer Beeinträchtigung ist eher niedrig anzusetzen.
Störungsfreier Betrieb der Geräte nicht möglich
Obwohl im Streitfall die Vorgaben der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) eingehalten wurden, verbleibt laut Gericht für die „Nachbarn“, also die übrigen Eigentümer, ein nicht zu vernachlässigendes Geräuschrisiko, das mit dem Betrieb der Klimageräte verbunden wäre. Nach Auffassung des Gerichts reicht diese Geräuschbelastung bzw. das Risiko, dass es nachts zu einer solchen (jenseits der Grenzwerte der TA Lärm) kommen kann, um einen „Nachteil“ im rechtliche Sinn zu begründen. Ein störungsfreier Betrieb der Geräte für die übrigen Eigentümer sei nicht möglich.
Gericht hätte Gestattung mit Auflage verbinden können
Letztlich ist diese Entscheidung ähnlich unbefriedigend wie das Urteil aus Ludwigshafen. Selbst wenn man der strengen Wertung der Hamburger Richter folgen wollte, hätte das Gericht zumindest die Gestattung mit der Auflage verbinden können, dass die Klimaanlage zwischen 20.00 Uhr und 07.00 Uhr nicht betrieben werden darf, weil außerhalb dieses Zeitraums eine Geräuschbeeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sehr unwahrscheinlich sei.
Fazit: Besser rechtzeitig mit dem Thema befassen!
Die beiden aktuellen Entscheidungen zeigen deutlich, welche rechtlichen und tatsächlichen Probleme mit dem Einbau eines Split-Klimageräts bei einer Eigentumswohnung entstehen können. Um die Chance auf einen Einbau und den damit verbundenen Wohnkomfort zu wahren, sollte man sich frühzeitig innerhalb der WEG mit dem Thema beschäftigen und nicht nur die grundsätzliche Frage des Einbaus, sondern auch mögliche Regeln für den laufenden Betrieb vorab prüfen. Bei rechtlichen Fragen kann der Haus & Grund Ortsverein im Rahmen der Mitgliederberatung wertvolle Hilfe leisten.
Kompetente Hilfe bei Problemen rund um die WEG
Bei rechtlichen Problemen rund um die Eigentümergemeinschaft können Mitglieder von Haus & Grund die kompetente Beratung in ihrem Ortsverein in Anspruch nehmen. Eine Übersicht über die Vereine in Rheinland-Pfalz finden Sie hier:
Wertvolle Infos zu wichtigen Themen rund um die WEG hat der Landesverband in einem Dossier und mehreren Merkblättern zusammengefasst, die im Onlineshop von Haus & Grund Rheinland-Pfalz erhältlich sind:
- Info-Dossier „Als Wohnungseigentümer rechtlich stets auf der sicheren Seite“
- Merkblatt „Beschlusskompetenz der WEG-Gemeinschaft“
- Merkblatt „WEG-Eigentümerversammlung: Tagesordnung und Durchführung“
- Merkblatt „Balkon & Garten bei Miete & WEG“
- Merkblatt „Mieterschutz bei Veräußerung von bzw. Umwandlung in Wohneigentum“
- Merkblatt „Barrierefreier Umbau“
Der Einbau einer Klimaanlage ist keine privilegierte bauliche Veränderung
Grundlage für die Beurteilung von baulichen Veränderungen in einer WEG ist die Vorschrift des § 20 WEG. Neben dem Grundsatz „Kein Bauen ohne Beschluss“, der sich aus Absatz 1 des § 20 WEG ergibt, enthalten die Absätze 2 und 3 besondere Anspruchsgrundlagen für eine bauliche Veränderung. Mehrheitsbeschluss der Eigentümer erforderlichWenn ein Eigentümer eine bauliche Veränderung vornehmen möchte, benötigt er stets einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümer. Gibt es für die gewünschten baulichen Maßnahmen keine Mehrheit, so wird der Eigentümer nur dann zum Erfolg kommen können, wenn er einen gegen den Willen der Eigentümer durchsetzbaren Anspruch auf Zustimmung aus § 20 WEG begründen kann. Konkreter Anspruch nur in vier AusnahmefällenDabei ist zunächst der Katalog des § 20 Abs.2 WEG zu prüfen. Danach haben Eigentümer für vier konkret im Gesetz benannte privilegierte bauliche Maßnahmen einen konkreten Anspruch gegenüber den übrigen Eigentümern. Dabei geht es um Baumaßnahmen für das Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, für den Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, für den Einbruchschutz und den Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität. Seit Inkrafttreten des neuen WEG-Rechts besteht Streit darüber, ob der Maßnahmenkatalog abschließend ist oder ob dieser vor dem Hintergrund von fortschreitenden technischen Entwicklungen auch über den Wortlaut hinaus weitere Maßnahmen erfassen kann. Urteil im Einklang mit herrschender MeinungDas LG Frankfurt a. M. (Beschluss v. 20.04.2021, Az. 2-13 S 133/20) hat sich der herrschenden Meinung angeschlossen und klargestellt, dass die in § 20 Abs.2 WEG aufgeführten privilegierten Maßnahmen abschließend sind und ein Split-Klimagerät nicht darunterfällt. WEG-Eigentümer können sich daher nicht auf § 20 Abs.2 WEG berufen, wenn sie den Einbau einer Klimaanlage erreichen wollen. Damit bleibt als weiterer Prüfungsschritt ein etwaiger Anspruch auf der Grundlage des § 20 Abs. 3 WEG. Danach kann ein Eigentümer eine Beschlussfassung über eine bauliche Veränderung verlangen, wenn die geplante Maßnahme keine Rechte der übrigen Eigentümer „über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus“ beeinträchtigt bzw. die beeinträchtigten Eigentümer der baulichen Veränderung zugestimmt haben. Für den Einbau eines Klima-Splitgeräts hat das AG Hamburg-St. Georg (siehe Hauptartikel oben) einen Anspruch nach § 20 Abs.3 WEG verneint. Das LG Frankfurt bekräftigt hingegen, dass die Installation eines derartigen Geräts grundsätzlich mit einem solchen Nachteil nach § 20 Abs.3 WEG verbunden ist. Keine grundlegende Umgestaltung gegebenDer Vollständigkeit halber sei klargestellt, dass andererseits ein Einbau einer Klimaanlage nicht unter Berufung auf „§ 20 Abs.4 WEG verhindert werden kann“, so das AG Ludwigshafen in seiner Entscheidung vom 26.01.2022. Nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden. Eine grundliegende Umgestaltung i.S.d. § 20 Abs.4 WEG liegt nach Auffassung des Amtsgerichts ebenso wenig vor wie eine unbillige Benachteiligung anderer Eigentümer. |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe April 2022 vom 27. April 2022). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: