Problemmieter los werden: Gerümpel und Unordnung allein reichen den Gerichten nicht
Aktuelle Urteile zeigen die hohen Anforderungen an Vermieter für eine rechtmäßige Kündigung.
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In der Wohnung türmen sich Sperrmüll, Gerümpel, Müll und Jahrgänge alter Zeitschriften bis zur Decke. So sehen echte Vermieter-Alpträume aus. Verständlicherweise drängt es Eigentümer bei solch erschreckenden Zuständen, dem Problemmieter oder so genannten „Messie“ möglichst bald zu kündigen – mindestens fristgerecht, besser noch fristlos. Die Schwierigkeit ist: Das verständliche eigene Unrechtsempfinden stimmt in diesem Fall nicht mit der juristischen Sichtweise überein. Unordnung, Müll und Gerümpel allein reichen den Gerichten in der Regel nicht für eine rechtmäßige Kündigung. Das zeigen aktuell wieder zwei Urteile.
Reichlich Kartons und Trödel im und um das Haus
Vor dem Amtsgericht Gießen (Urteil vom 19. Januar 2021, Az. 39 C 114/20) scheiterte der Vermieter eines Einfamilienhauses mit seiner Räumungsklage gegen die langjährige Mieterin der kürzlich erworbenen Immobilie. Die ausgesprochene fristlose (sowie hilfsweise ordentliche) Kündigung im August 2019 begründete er unter anderem mit der Unordnung in und um das Haus. Die Frau habe trotz erfolgter Abmahnung weiter im gesamten Haus, im Keller, auf dem Dachboden, vor dem Eingang und im Hof große Mengen Gerümpel, Kartons und Gegenstände gelagert. Dabei handelte es sich größtenteils um die Überreste eines vor 30 Jahren aufgegebenen Handels mit Gebrauchtwaren und Trödel.
Die Mieterin weigerte sich jedoch, die Kündigung zu akzeptieren und das Haus zu räumen. Das Gericht gab ihr Recht. Aus der Ablagerung von Gerümpel oder selbst Müll allein ergebe sich kein Kündigungsrecht – zumindest nicht, so lange nicht Mitmieter belästigt werden oder die Bausubstanz konkret gefährdet sei. An Mitmietern fehlte es (da es sich um ein Einfamilienhaus handelt) und eine substanzielle Schädigung oder besondere Gefährdung war nicht zu erkennen. Das Gericht erklärte die Kündigungen darum für unwirksam und die Klage somit für unbegründet. Die Mieterin und das Gerümpel durften bleiben.
Gericht sah noch einen „vertragsgemäßen Gebrauch“
Eine vergleichbare Entscheidung traf im März auch das Amtsgericht Stuttgart (Urteil vom 19. März 2021, Az. 35 C 2527/20). Hier hatte die Mieterin einer Drei-Zimmer-Wohnung die Immobilie ganz anders genutzt, als sich das die Vermieterin vorstellte. Deshalb erhielt sie die fristlose (hilfsweise ordentliche) Kündigung –nach Einschätzung des Gerichts ebenfalls zu Unrecht. Auch eine Unordnung an der Grenze zur Verwahrlosung sei eine „Gestaltung“, die noch zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gerechnet werden könne.
Der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung ende erst bei Gefahren für die Gebäudesubstanz oder Belästigungen für andere Bewohner. Und solche stellte ein Sachverständiger bei einem Ortstermin am 1. Dezember 2020 nicht (mehr) fest. Die von einer Fachfirma behauptete Gefahr für die Statik sah er nicht. Allerdings hatte die Mieterin unmittelbar zuvor neben einem Baum, der auf den Fliesen des Wohnzimmer-Balkons wuchs, verschiedene Gegenstände aus der Wohnung entfernt. Die Vermieterin sprach von rund 100 Kisten und Umzugskartons, konnte das aber nicht hinreichend belegen. Die wiederholte zeitweise Lagerung von Müll im Hausflur wertete das Gericht zwar als Pflichtverletzung – diese sei aber nicht so schwerwiegend, dass eine Kündigung der Wohnung deshalb gerechtfertigt wäre.
Ungerechtfertigte Kündigungen besser vermeiden
„Der Ärger und die Wut der betroffenen Vermieter sind absolut verständlich. Trotzdem müssen wir dringend davon abraten, Kündigungen nur aufgrund von Unordnung oder Müll auszusprechen. Den Gerichten reicht das alleine nicht aus – und die Eigentümer bleiben dann oft zusätzlich noch auf den Kosten der Räumungsklage sitzen“, betont Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz. Das heißt jedoch nicht, dass Eigentümer solche Problemmieter einfach hinnehmen sollten. In jedem Fall sollte zunächst das Gespräch gesucht werden – auch eine Abmahnung hat in einigen Fällen schon kleine Wunder gewirkt.
Tricksereien mit dem Eigenbedarf keine gute Idee
Aber solche einfachen Lösungen sind leider die Ausnahme. Bleibt also nur die Kündigung – und möglicherweise liegen für diese neben der Unordnung weitere Gründe vor, die auch vor Gericht akzeptiert werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Mitmieter durch Gestank und/oder Ungezieferbefall belästigt werden bzw. durch die Unordnung die Gebäudesubstanz geschädigt oder bedroht wird. Oder wenn die Betroffenen parallel mit den Mietzahlungen deutlich (mindestens zwei Nettokaltmieten) in Verzug kommen. Keine gute Idee sind dagegen Tricksereien mit einem behaupteten (aber nicht vorliegenden) Eigenbedarf. Denn kommt das heraus, drohen dem ertappten Vermieter empfindliche Schadenersatzforderungen.
Die kostenlose Rechtsberatung im Ortsverein nutzen
„Messie-Mieter sind ein sehr emotionales Thema. Aber für eine Lösung, die auch Gerichte akzeptieren, braucht es neben juristischem Sachverstand vor allem einen kühlen Kopf“, weiß Schönfeld. Er rät Betroffenen, sich unbedingt frühzeitig Hilfe zu suchen. Mitglieder von Haus & Grund können dazu die kostenlose Rechtsberatung ihres Ortsvereins in Anspruch nehmen.
Wertvolle Hilfen für Vermieter:Informationen zum Schutz vor und zum Umgang mit Problemmietern, die es auch an der nötigen Zahlungsmoral mangeln lassen, bietet der Landesverband mit:
Im Onlineshop von Haus & Grund Rheinland-Pfalz gibt es allerhand Tipps und Infos rund um die Kündigung des Mietvertrags, beispielsweise:
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Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Mai 2021 vom 31. Mai 2021). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: