Energiekrise: Bundesregierung beschließt Einsparmaßnahmen für Wohngebäude

Diese Änderungen bringen zwei neue Verordnungen für private Eigentümer und vor allem Vermieter.

Symbolbild Energiesparen: Hand an HeizunsgventilFoto: Ingo Bartussek / AdobeStock

Seit Anfang September gilt eine neue Energieeinsparverordnung der Bundesregierung – eine weitere soll Anfang Oktober 2022 in Kraft treten. Klares Ziel der neuen Vorgaben für Gebäude ist es, den Energiebedarf zu verringern, um besser auf mögliche Engpässe vorbereitet zu sein, Deutschland unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu machen und die finanzielle Belastung der einzelnen Haushalte zu begrenzen. Die Verordnungen sind ein Baustein einer mehrteiligen Strategie, mit der die Versorgungssicherheit gewährleistet werden soll – auch und gerade in der bevorstehenden Heizperiode.

Einsparungen von rund 10,8 Milliarden Euro

Nach ersten Schätzungen, auf die Wirtschaftsminister Robert Habeck verweist, sollen die Verordnungen den Gasverbrauch um rund zwei Prozent senken. Aber die Maßnahmen würden sich auch finanziell rechnen. Das Ministerium geht bei einer Umsetzung davon aus, dass allein in den nächsten zwei Jahren private Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand insgesamt gut 10,8 Milliarden Euro einsparen.

Von Temperaturklausel bis hydraulischer Abgleich

Private Eigentümer und Vermieter müssen mehrere Vorgaben der Verordnungen einhalten (einen Überblick finden Sie weiter unten im Kasten). Die Palette reicht vom Wegfall von Mindesttemperaturklauseln aus Mietverträgen über Informationen an die Mieter bis hin zum verpflichtenden Heizungscheck.

Vorgaben teilweise unrealistisch und überflüssig

Haus & Grund kritisiert die Beschlüsse aus gutem Grund. „Wir haben nichts dagegen, Energie einzusparen. Das sollte in unser aller Sinne sein. Und dafür setzen sich private Eigentümer ohnehin schon ein. Aber die Vorgaben sind teilweise unrealistisch und zu einem großen Teil schlicht und einfach überflüssig“, ärgert sich Ralf Schönfeld. Der Landesverbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz hätte sich gewünscht, dass die Bundesregierung auf den gesunden Menschenverstand setzt – und sich die Verordnungen gespart hätte. Er ist überzeugt: „Die Zeit und Energie dafür hätte besser investiert werden können, etwa in sinnvollere Bemühungen für eine größere Versorgungssicherheit“.

Infoblatt von Haus & Grund zum Heizen und Lüften

Private Vermieter würden ihrer Verantwortung in der überwiegenden Zahl der Fälle bereits mehr als gerecht und müssten nicht dazu gezwungen werden, ihren Mietern Tipps zum Energiesparen an die Hand zu geben, meint Schönfeld. So oder so könne das Energiesparen über verändertes Heizen nur im Zusammenhang mit dem Lüftungsverhalten betrachtet werden. Deshalb hat Haus & Grund Deutschland ein Infoblatt erarbeitet, das übersichtlich auf zwei Seiten die wichtigsten Empfehlungen zum Heizen und Lüften zusammenfasst. Es kann (nach einer kurzen Registrierung) kostenlos auf der Internetseite des Zentralverbands heruntergeladen werden:

Nicht genug Fachkräfte und Geräte für die Umsetzung

Fragwürdig ist nach Einschätzung von Haus & Grund die Verpflichtung zur Heizungsüberprüfung und -optimierung (inklusive Heizungscheck und hydraulischem Abgleich). „Es macht keinen Sinn, pauschal alle gasbetriebenen Heizungen zu überprüfen“, kritisiert Verbandsdirektor Ralf Schönfeld. Es fehle an den dafür nötigen Fachkräften und Geräten, um alle Vorgaben fristgerecht bis Herbst 2024 umzusetzen. Wenn überhaupt, sollten die vorhandenen Ressourcen auf Gebäude mit sehr hohem Gasverbrauch und/oder besonders schlecht funktionierenden Heizungen konzentriert werden.

Ausnahmsweise eine Anpassung im Oktober ermöglichen

Um die Kostensteigerungen abzufedern, rät Haus & Grund Vermietern, im Einvernehmen mit ihren Mietern sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung des Gasverbrauchs zu vereinbaren, etwa eine Nachtabsenkung. Auch eine Anpassung der Vorauszahlung bereits jetzt (und nicht erst nach der nächsten Abrechnung) sei für beide Seiten wünschenswert. Dafür ist bislang eine Zustimmung des Mieters erforderlich. „Noch besser und effektiver wäre es, bereits im Oktober 2022 ausnahmsweise auch einseitig – also ohne Einwilligung des Mieters und zu dessen Schutz – eine unterjährige Vorauszahlungsanpassung zuzulassen“, stellt Schönfeld klar.

Im Überblick: Viele Änderungen für Eigentümer und Vermieter

Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) gilt seit 1. September 2022 und zunächst für sechs Monate (also bis Ende Februar 2023). Sie enthält Maßnahmen, die sich schon in der nun anstehenden Heizperiode auswirken können und sollen.

Die wichtigsten Punkte der ENSikuMaV:

Mindesttemperatur in der Mietwohnung:
Für die Geltungsdauer der Verordnung müssen sich Mieter nicht an mögliche Klauseln im Mietvertrag halten, die sie zur Einhaltung einer Mindesttemperatur verpflichten. Mieter können allerdings keineswegs heizen und lüften, wie sie möchten. Denn andere Pflichten bleiben sehr wohl bestehen, insbesondere die Pflicht, durch angemessenes Heiz- und Lüftverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen. Worauf es dabei ankommt, hat Haus & Grund Deutschland im Infoblatt „Energiesparend heizen, Schimmelpilz vermeiden“ (hier klicken) zusammengefasst, das (nach einer kurzen Registrierung) kostenlos heruntergeladen werden kann.

Beheizung von Schwimm- und Badebecken:
In Gebäuden oder zugehörigen Gärten ist die Beheizung von privaten, nicht-gewerblichen, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken (einschließlich Aufstellbecken) mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt. Ausgenommen sind Fälle, in denen die Beheizung zwingend notwendig für therapeutische Anwendungen ist.

Beleuchtung von Gebäuden von außen:
Die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen (mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung) ist untersagt. Nicht betroffen von dieser Regelung sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten sowie allgemein alle Fälle, in denen die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann.

Informationspflicht für Gas- und Wärmelieferanten:
Gas- und Wärmelieferanten werden verpflichtet, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten, über die Auswirkungen der aktuellen und möglicherweise noch kommenden Energiepreissteigerungen und über mögliche Einsparpotentiale frühzeitig, mindestens aber zu Beginn der Heizsaison (bis zum 30. September 2022) zu informieren.

Weiterleitungs- und Informationspflicht für Eigentümer:
Eigentümer von Wohngebäuden, die leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben den Nutzern diese Informationen bis zum 31. Oktober 2022 weiterzuleiten (Weiterleitungspflicht).
Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten, die mit Gas beheizt werden bzw. das Wasser aufbereiten, sind verpflichtet, den Nutzern bis zum Stichtag 31. Oktober 2022 zusätzlich

  • spezifische Informationen zum Energieverbrauch der jeweiligen Wohneinheit (sowie der bei unverändertem Verbrauch zu erwartenden Energiekosten sowie der sich im Einzelfall ergebenden Einsparpotentiale) zur Verfügung zu stellen sowie
  • Kontaktinformationen und eine Internetadresse von mindestens einer Verbraucherorganisation, Energieagentur oder sonstigen Einrichtung zukommen lassen, bei der Informationen über Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesserung, Endnutzer-Vergleichsprofile und objektive technische Spezifikationen für energiebetriebene Geräte eingeholt werden können. Diese Pflicht gilt als erfüllt, wenn der Eigentümer die Nutzer auf die Informationskampagne „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sowie klar und verständlich auf die Online-Angebote dieser Kampagne unter www.energiewechsel.de und die dort genannten Effizienz- und Einspartipps hinweist.

 

Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) bedarf (anders als die ohne Einbeziehung des Bundestags und des Bundestags vom Kabinett beschlossene EnSikuMaV) noch der Zustimmung des Bundesrats. Sie soll zum 1. Oktober 2022 in Kraft treten und zwei Jahre Gültigkeit besitzen.

Die wichtigsten Punkte der ENSimiMaV:

Pflicht zu Heizungsprüfung und -optimierung:
Alle Eigentümer und Eigentümerinnen von Gebäuden mit Gasheizungen müssen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durch eine fachkundige Person (Schornsteinfeger, Fachhandwerker, Energieberater aus der Expertenliste für Förderprogramme des Bundes) durchführen lassen. Sinnvoll ist die Koppelung der Prüfung an ohnehin stattfindende Termine wie etwa Kehr- und Überprüfungstätigkeiten oder eine reguläre Heizungswartung.

Verpflichtender hydraulischer Abgleich:
Eigentümer von großen Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung auf Erdgasbasis müssen einen hydraulischen Abgleich vornehmen lassen, sofern ein solcher bislang nicht durchgeführt wurde. Das betrifft größere Wohngebäude ab sechs Wohneinheiten. Sie müssen den Abgleich bis zum 15. September 2024 durchführen lassen, bei zehn und mehr Wohneinheiten sogar bereits zum 30. September 2023.

Beide Verordnungen noch einmal zum Herunterladen und Nachlesen:

 

Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe September 2022 vom 15. September 2022). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands:

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