Ähnliche Werte und Einstellungen: Große Einigkeit zwischen den Generationen
Aktuelle Studie befragte Jung und Alt – mit ziemlich überraschendem Ergebnis.
Foto: R+V Versicherung
Jung und Alt liegen bei den Einstellungen zu wichtigen Zukunftsthemen gar nicht mal so weit auseinander. Zu dieser etwas überraschenden Erkenntnis gelangte die von Prognos im Auftrag der R+V Versicherung durchgeführte Generationenstudie „Zukunft gemeinsam gestalten“. Dafür befragten die Forscher Mitglieder von zwei der wichtigsten Generationen: die so genannten Babyboomer (Menschen der geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1969) und die Generation Z (Jahrgänge 1995 bis 2008), die mit Blick auf die Bewegung „Fridays for future“ und deren bekanntestes Gesicht Greta Thunberg mitunter auch als Generation Greta bezeichnet wird.
Kein Konflikt trotz Krise, Krieg und Klimawandel
Die Befragungen fanden im Frühjahr 2022 statt – und damit unter dem Eindruck von großer Unsicherheit angesichts von Krieg, Krisen und Klimawandel. Doch hinsichtlich der Prioritäten der daraus abzuleitenden Herausforderungen waren sich die Generationen einiger, als das die Befragten selbst und sogar die Forscher für möglich gehalten hätten. Das wichtigste Fazit der Autoren lautete dementsprechend: Der von vielen beklagte Generationenkonflikt existiert in dieser Form nicht. Allenfalls zeigten sich Unterschiede in Einzelaspekten.
Rente und Altersvorsorge als wichtigstes Thema
Bei der Frage nach besonders wichtigen gesellschaftlichen Themen in Deutschland war das Podium bei Babyboomern und Generation Z identisch besetzt. Aus beiden Gruppen wurde unter den fünf wichtigsten Themen am häufigsten „Absicherung der Rente / Altersvorsorge“ (78% der Babyboomer, 53% der Generation Z) genannt, gefolgt von der „Sicherung des Gesundheitssystems / der Pflege“ (72% bzw. 51%). Erst auf Platz drei landete – auch bei der jungen Generation – „Bekämpfung der Umweltverschmutzung / Klimawandel (49% bzw 47%).
Verzichtsbereitschaft über alle Altersgrenzen
Beim Kernanliegen von „Fridays for future“ (Maßnahmen gegen den Klimawandel) sind die Deutschen über alle Altersgrenzen hinweg zum Verzicht bereit – wobei die Älteren den Jüngeren sogar den Rang ablaufen. Beide Generationen zeigten eine hohe Bereitschaft, im Alltag nachhaltiger zu leben. 81 Prozent der Babyboomer und 62 Prozent der Generation Z wollen weniger Lebensmittel verschwenden – eine vergleichbar hohe Bereitschaft offenbarte sich für sparsamen Wasser- und Energieverbrauch sowie für die Müllvermeidung. Differenzen zeigten sich im Bereich Mobilität: Von den jüngeren Befragten waren 44 Prozent bereit, für das Klima auch mal das Auto stehen zu lassen, jedoch nur 31 Prozent der Älteren. Umgekehrt konnte sich annähernd die Hälfte der Babyboomer vorstellen, auf Flugreisen zu verzichten, aber nur ein gutes Drittel der Angehörigen der Generation Z.
Der Klimawandel als existenzielle Bedrohung
Sehr einig waren sich alle Beteiligten bei der grundsätzlichen Einschätzung des Klimawandels.
Jeweils eine Mehrheit stimmte zu, dass
- für den Klimawandel vor allem der Mensch verantwortlich ist,
- der Klimawandel die Existenz der Menschheit bedroht und
- für den Klimawandel vor allem die reichen Industrieländer verantwortlich sind.
Lediglich eine Minderheit vertrat jeweils die Meinung, dass
- der Klimawandel in der Öffentlichkeit übertrieben dargestellt wird,
- Wissenschaft und Technik die Umwelt- und Klimaprobleme lösen werden, ohne dass wir unsere Lebensweise ändern müssen, und
- es bereit zu spät ist (gegen den Klimawandel könne man nichts mehr tun).
Mehrheit meint, es müsste mehr getan werden
Deutschlands Bemühungen für den Klimaschutz schätzte die Generation Z noch kritischer ein als die Älteren. 75 Prozent von ihnen meinten, es müsse mehr getan werden (53% der Babyboomer), 10 Prozent (24%) hielten die Bemühungen für ausreichend, 16 Prozent (23%) für übertrieben.
Erhebliche Zukunftssorgen sind weit verbreitet
Keine große Überraschung ergab sich bei den doch erheblichen Zukunftssorgen der Befragten. Mehr als zwei Drittel der jungen Menschen (68%) und fast ebenso viele Ältere (63%) sahen die Zukunft der Gesellschaft düster. Für das Prognos-Forschungsteam war dies auch angesichts der Zahlenreihen der renommierten Shell-Jugendstudien ein Negativrekord. Noch 2019 – also vor Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise – lag die Hoffnung auf eine bessere Zukunft bei mehr als 50 Prozent der Jugendlichen, 1991 gar bei 71 Prozent.
Partner sehr wichtig, Wirtschaftswachstum nicht
Bei den eigenen Wertevorstellungen ergab die Prognos-Untersuchung übereinstimmende Prioritäten. Am wichtigsten war beiden Altersgruppen „ein Partner, dem man vertrauen kann“, am zweitwichtigsten „Freundinnen und Freunde sowie Familie“. Auf Platz drei landete das Streben nach Sicherheit. Eine kleine Überraschung im Land des Wirtschaftswunders: „Wirtschaftswachstum“ lag (als unwichtigstes der abgefragten Themen) jeweils auf dem letzten Platz.
Babyboomer familienorientiert und pflichtbewusst
Gefragt wurde auch nach den Eigenschaften der jungen und der alten Menschen – wieder mit überraschender Einigkeit auf den Spitzenplätzen. Die Babyboomer beschrieben beide Gruppen am häufigsten als – in dieser Reihenfolge – familienorientiert, pflichtbewusst sowie fleißig und ehrgeizig. Allerdings war der Anteil dieser drei Beschreibungen im Selbstbild deutlich höher als in der Fremdbewertung. Bei der Einschätzung der Generation Z lagen umweltbewusst und konsumorientiert vorne – allerdings in unterschiedlicher Reihenfolge. Die junge Generation nannte das Umweltbewusstsein häufiger als die Konsumorientierung, bei den Älteren war es umgekehrt.
Generationen unterstellten sich gegenseitig Egoismus
Auffällig war in den Rangfolgen der Zuschreibungen, dass die betrachteten Generationen einander gegenseitig Egoismus unterstellten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Während etwas mehr als die Hälfte der befragen Babyboomer (51 %) bejahte, dass jüngere Menschen nur auf ihren eigenen Vorteil aus seien, sahen diese das nur zu etwas mehr als ein Drittel (36 %) so. Spiegelbildlich dazu fand ein Drittel (34 %) der Befragten aus Generation Z, dass ältere Menschen nur auf ihren Vorteil aus seien, während dem nur weniger als jeder zehnte Babyboomer (9 %) zustimmte.
Abweichungen durch unterschiedliche Lebensphasen
Eines war dem Prognos-Forschungsteam mit Blick auf die wenigen Abweichungen bei den Antworten wichtig: In einzelnen Punkten abweichende Prioritäten müssen ihre Ursache nicht unbedingt in unterschiedlichen Wertegerüsten der Generationen haben. Sie können durch die unterschiedlichen Lebensphasen, in denen sich die Generationen befinden, plausibel erklärt werden. Das Leben in vollen Zügen zu genießen, galt beispielsweise schon immer als Anrecht und Privileg der jeweils jungen Generation. Die größten Unterschiede zwischen den Generationen zeigten sich bei den leistungsbezogenen Werten. Der Generation Z ist es wesentlich wichtiger, Macht und Einfluss zu haben sowie einen hohen Lebensstandard zu erreichen, als der Babyboomer-Generation. Auch dies sind typische Prioritäten von Menschen am Anfang ihres Erwerbslebens und zu Beginn der Familienphase. Wenig verwunderlich stimmten daher doppelt so viele Befragte aus Generation Z (61 %) der Aussage zu, der Staat müsse seine Politik mehr an den Interessen der künftigen Generationen ausrichten als dies bei den Babyboomern der Fall war (32 %).
Mehr Informationen: Die vollständige Auswertung und Analyse können Sie dem Bericht zur Generationenstudie entnehmen, der kostenlos heruntergeladen werden kann: Ergebnisse der Studie „Zukunft gemeinsam gestalten“ (PDF-Datei) |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Oktober 2022 vom 14. Oktober 2022). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: