Unzufrieden mit dem WEG-Verwalter: Wie und wann eine Abberufung möglich ist
Das sollten Eigentümergemeinschaften rund um die vorzeitige Trennung von ihren Verwaltern beachten.
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Worum geht es?
Idealerweise arbeitet eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit dem Verwalter langfristig zusammen. Ein Wechsel des Verwalters ist oft zeit- und kostenintensiv und bringt selten die erhofften Verbesserungen. Wichtig ist deshalb, bereits bei der Auswahl einer professionelle WEG-Verwaltung sorgfältig vorzugehen, um späteren Ärger zu vermeiden. Wenn die Beziehung mit dem Verwalter dann aber doch in die Brüche geht, müssen Eigentümer die rechtlichen Aspekte für die Abberufung des Verwalters kennen.
Entspricht die Abberufung ohne besonderen Grund ordnungsgemäßer Verwaltung?
Gem. § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 WEG kann der Verwalter jederzeit und ohne Grund von seinem Amt abberufen werden, daneben selbstverständlich auch aus wichtigem Grund. Wird der Verwalter abberufen, endet der mit ihm geschlossene Vertrag spätestens sechs Monate nach der Abberufung. Anderslautende Vereinbarungen im Verwaltervertrag sind ebenfalls unwirksam geworden. Somit besteht noch eine vertragliche Bindung, die in dieser Zeit zu doppelten Verwalterkosten führen kann, was womöglich einen Grund für Anfechtungen des Abberufungsbeschlusses bieten kann.
In der Praxis stellt sich seit der WEG-Reform die Frage, ob die Abberufung des Verwalters ohne besonderen Grund immer ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Auf jeden Fall müssen die Vermögensinteressen auch der überstimmten Minderheit berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass es nicht in jedem Fall voraussetzungslos ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, sich von dem Verwalter zu trennen, wenn die Mehrheit der Eigentümer einen „besseren“ Verwalter gefunden hat.
Damit der Beschluss über die Abberufung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, müssen den Eigentümern mindestens die Auswirkungen ihres Beschlusses klar sein. Ihnen muss mindestens verdeutlicht werden, dass bei einer Abberufung ohne wichtigen Grund die vertragliche Vergütung grundsätzlich für weitere sechs Monate geschuldet ist. Wenn dies den Eigentümern nicht klar war, ist die Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage gefallen und entspricht daher nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Ein förmlicher Hinweis im Protokoll der Eigentümerversammlung ist zwar rechtlich nicht zwingend, aber zur Vermeidung von späteren Problemen zu empfehlen.
Praxistipp: Solle eine Verwalterabberufung ohne wichtigen Grund erfolgen, sind die Eigentümer auf die Fortdauer der Vergütungspflicht für die kommenden sechs Monate hinzuweisen. |
Anspruch des einzelnen Eigentümers auf Abberufung des Verwalters?
Trotz des weiten Ermessens der Eigentümer bei der Verwalterabberufung ist es fraglich, ob eine Abberufung ohne jegliche sachliche Gründe noch ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Deshalb ist ein Anspruch eines Eigentümers, den Verwalter ohne wichtigen Grund abzuberufen, kaum denkbar.
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 25.02.2022, Az. V ZR 65/21) hat dazu inzwischen entschieden, dass auch nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Abberufung des Verwalters nur dann besteht, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint. „Nicht vertretbar“ bedeutet allerdings nicht, dass unerfüllbare Anforderungen an den Abberufungsanspruch gestellt werden dürfen. Es reicht aus, wenn in der Gesamtschau allein die Abberufung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.
Ob ein Abberufungsanspruch besteht, ist nach umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und aller gegen den Verwalter erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Mit welchem Gewicht länger zurückliegende Geschehnisse zu berücksichtigen sind, entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung. Allgemeingültige zeitliche Grenzen, jenseits derer Pflichtverletzungen des Verwalters unbeachtlich sind, gibt es nicht.
Unterschied zwischen Verwalterbestellung und Verwaltervertrag
Wird der Verwalter von seinem Amt abberufen, endet unmittelbar mit der Verkündung des Abberufungsbeschlusses seine organschaftliche Stellung als Verwalter. Zu beachten ist jedoch, dass sich die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Eigentümergemeinschaft und Verwalter nach dem Verwaltervertrag richten. Soweit also auch die Möglichkeit der jederzeitigen Abberufung gegeben ist, wird zumindest die vertragliche Beziehung zwischen den Parteien nicht unmittelbar beendet.
Der Beschluss über die Abberufung des Verwalters führt also nicht automatisch auch zur Beendigung des Verwaltervertrags. Ist der Verwaltervertrag nicht befristet, muss hingegen nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen gekündigt werden. Will man also den Verwalter loswerden, muss man ihn einerseits abberufen und andererseits auch den Verwaltervertrag kündigen. Etwas Anderes gilt allerdings, wenn die Laufzeit des Verwaltervertrags an den Zeitraum der Bestellung geknüpft ist. Dann endet mit Beschlussfassung über die Abberufung auch das Vertragsverhältnis.
Da der Bestand des Verwaltervertrags von der Amtsstellung grundsätzlich unabhängig ist, regelt § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG im Falle der Abberufung des Verwalters ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes die Beendigung des Verwaltervertrags.
Kann der Vertrag mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht außerordentlich fristlos gekündigt werden, sind evtl. im Verwaltervertrag enthaltene Kündigungsfristen zu beachten, soweit diese zu einer Beendigung vor Ablauf von 6 Monaten nach der Abberufung führen. Dem Verwalter ist jedenfalls bis zum Ende der Kündigungsfrist das Verwalterhonorar weiterzuzahlen bzw. längstens 6 Monate nach Abberufung. Hierauf hat er sich jedoch gemäß § 615 Satz 2 BGB ersparte Aufwendungen und anderweitigen Verdienst in Höhe von ca. 25 bis 30 Prozent anrechnen zu lassen. Ist der Verwaltervertrag befristet und kann deshalb nicht ordentlich gekündigt werden, steht dem Verwalter bis spätestens 6 Monate nach der Abberufung das nach § 615 Satz 2 BGB gekürzte Verwalterhonorar zu.
Beispiel 1: Der Verwalter ist bis 30. September 2023 bestellt. Am 14. Mai 2022 beschließen die Wohnungseigentümer die Abberufung des Verwalters. Im Verwaltervertrag ist eine Vertragslaufzeit bis mindestens 30. September 2023 geregelt. Diese Befristung ist nicht maßgeblich. Vielmehr endet der Verwaltervertrag auch ohne gesonderte Kündigung 6 Monate nach der Abberufung, also mit Ablauf des 13. November 2022. Beispiel 2: Der Verwalter ist bis zum 31. Dezember 2024 bestellt. Der Verwaltervertrag ist mindestens für diesen Zeitraum geschlossen und soll für den Fall der Wiederbestellung weitergelten. Am 20. Oktober 2023 wird der Verwalter von seinem Amt abberufen. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags liegt nicht vor. Er kann nun die auf den Zeitraum November 2023 bis April 2024 entfallende und nach § 615 Satz 2 BGB gekürzte Vergütung geltend machen. |
Wann beginnt die 6-Monats-Frist?
Gerichtlich noch nicht entschieden ist, ob die 6-Monats-Frist mit dem Tag des Abberufungsbeschlusses oder mit dem Tag des Ablaufs der Amtszeit zu laufen beginnt.
Beispiel: Verwalter V ist für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 bestellt; der Verwaltervertrag weist die gleiche Laufzeit aus. In der Eigentümerversammlung vom 31. März 2022 wird V ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes mit Wirkung zum 31. Oktober 2022 vom Verwalteramt abberufen. Richtigerweise ist nicht auf den Tag der Beschlussfassung über die Abberufung abzustellen, sondern auf den Tag, zu dem die Amtsbeendigung wirksam wird. Im oben genannten Fall stehen dem Verwalter somit noch Vergütungsansprüche vom 1. November 2022 bis 30. April 2023 zu. |
Mit Blick auf diese gerichtlich noch nicht entschiedene Frage empfiehlt sich eine klarstellende Regelung im Verwaltervertrag:
„Wird der Verwalter ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Verwalteramt abberufen, so endet der Verwaltervertrag spätestens 6 Monate nach dessen Abberufung. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Abberufung des Verwalters ist dabei nicht der Tag der Beschlussfassung über dessen Abberufung, sondern der Zeitpunkt, zu dem die Abberufung des Verwalters wirksam werden soll, also der letzte Tag der Bestellung des Verwalters.“
Unter- und Überschreitung der 6-Monats-Frist
Fehlt es am wichtigen Grund, steht dem Verwalter der Vergütungsanspruch für die Restlaufzeit des Vertrags zu, allerdings gekappt auf maximal 6 Monate. Dabei ist zu beachten, dass sich aus § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG ein 6 Monate unter- oder überschreitender Rest-Vergütungsanspruch des Verwalters ergeben kann.
Beispiel: Verwalter V ist für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022 bestellt; der Verwaltervertrag weist die gleiche Laufzeit aus. In der Eigentümerversammlung vom 30. September 2022 wird V ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Verwalteramt abberufen. Da vertragliche Vereinbarungen § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG vorgehen, soweit diese das Abberufungsrecht aus § 26 Abs. 3 Satz 1 WEG nicht erschweren oder ausschließen, führen kürzere Kündigungsfristen zu Lasten des Verwalters, der Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder der Umstand, dass die Laufzeit des Verwaltervertrags vor Ablauf der 6-Monats-Frist ohnehin endet, zu einer Fristverkürzung, im obigen Beispielfall auf 3 Monate, d.h. der Verwaltervertrag endet am 31. Dezember 2022. |
Abberufung und Vertragskündigung aus wichtigem Grund
Seit der Reform des WEG-Rechts gilt, dass die Abberufung des Verwalters nicht mehr auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden kann. Umgekehrt bedeutet dies, dass der Verwalter erst recht abberufen werden kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Da der Verwalter aber kein Anfechtungsrecht mehr hat, hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes nur noch Bedeutung für die Frage, ob der Verwaltervertrag außerordentlich fristlos gekündigt werden kann, wenn er nicht an den Zeitraum der Bestellung des Verwalters gekoppelt ist.
Wenn ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des (üblicherweise befristeten) Verwaltervertrags vorliegt, ist neben der Beschlussfassung über die Abberufung auch ein gesonderter Beschluss über die Kündigung des Verwaltervertrags erforderlich.
Für die Frage, ob eine Pflichtverletzung des Verwalters derart schwerwiegend ist, dass der Verwaltervertrag aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden kann, kann man sich an der zur Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund ergangenen Rechtsprechung orientieren.
Mehr InformationenWer Mitglied einer Eigentümergemeinschaft ist oder werden will, sollte genau wissen, worauf er sich dabei einlässt – auch rechtlich. Das gilt insbesondere für die rechtlichen Spielregeln rund um die Eigentümerversammlung und deren Beschlüsse. Im Online-Shop des Landesverbands sind ein Info-Dossier (zu den wichtigsten Themen rund um die WEG) sowie Merkblätter zu verschiedenen Einzelthemen für Wohnungseigentümer erhältlich:
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Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Mai 2023 vom 30. Mai 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: