Balkonkraftwerke: Weniger Bürokratie und aktuelle Regeln für Vermieter und Wohnungseigentümer
Das „Solarpaket I“ bringt neue Erleichterungen für Steckersolargeräte - und weitere sind bereits in Planung.
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Nachdem bereits die Registrierung von Balkonkraftwerken im Marktstammdatenregister (MaStR) seit Anfang April vereinfacht wurde, hat der Bundesrat mit dem „Solarpaket I“ weitere Erleichterungen für Steckersolargeräte (so genannte Balkonkraftwerke) beschlossen. Nun fehlt nur noch die Umsetzung der geplanten Änderungen im Mietrecht und beim Wohnungseigentum zur Förderung der Energiewende auf dem Balkon.
1. Weniger Bürokratie als Anreiz für mehr Balkonkraftwerke
Der Bundesrat hat am 26. April 2024 das „Solarpaket I“ gebilligt. Das Gesetz sieht Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und anderer Rechtsvorschriften vor. Es soll nach Angaben der Bundesregierung den jährlichen Zubau von Photovoltaik verdreifachen - von 7,5 Gigawatt (GW) im Jahr 2022 auf bis 22 GW in Jahr 2026, damit bis zum Jahr 2030 schließlich 215 GW erreicht werden können.
Erleichterungen für Balkonkraftwerke:
Vereinfachungen enthält das Gesetz für Bürger, die auf dem heimischen Balkon eine Steckersolaranlage betreiben wollen. Diese so genannten Balkonkraftwerke müssen zukünftig nicht mehr beim Netzbetreiber angemeldet, sondern lediglich im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur (siehe Extrapunkt in der Aufzählung) registriert werden. Balkonanlagen dürfen mit bis zu 800 Watt auch eine höhere Leistung haben als bisher.
Mehr Möglichkeiten bei Gebäudestromanlagen und beim Mieterstrom:
Auch Gebäudestromanlagen lassen sich zukünftig leichter nutzen. Die damit gewonnene Energie muss nun nicht mehr im Gebäude selbst, sondern kann auch in Nebenanlagen (wie Garagen) verbraucht werden. Als Letztverbraucher kommen nicht mehr nur, wie ursprünglich vorgesehen, Mieter oder Wohnungseigentümer in Frage, sondern auch sonstige Letztverbraucher im Gebäude. In einer gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung gewonnener Strom darf nun auch zwischengespeichert werden.
Duldungspflicht auf öffentlichen Flächen:
Die Betreiber von Solaranlagen dürfen zukünftig ihre Anschlussleitungen über Grundstücke in öffentlichem Besitz legen und diese zu deren Wartung betreten.
Vereinfachte Registrierung im Marktstammdatenregister:
Zum 1. April 2024 hat bereits die Bundesnetzagentur die Registrierung von Balkonkraftwerken im Marktstammdatenregister vereinfacht. Auch die Nutzerführung im System wurde modernisiert. Künftig müssen Betreiber neben den Angaben zu ihrer Person nur noch fünf Angaben zu ihrem Balkonkraftwerk eintragen. Vorher waren es rund 20 Angaben. „Diese Vereinfachungen sind eine erhebliche Entbürokratisierung bei der Registrierung", so Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.
Solarboom im Register ablesbar:
Unter der Internetadresse www.marktstammdatenregister.de kann das MaStR aufgerufen werden. Mit wenigen Klicks können Daten zu 5 Mio. Anlagen sowie 3,5 Mio. Anlagenbetreibern und anderen Marktakteuren aufgerufen werden. Filter, Sortier-, Berechnungs- und Downloadfunktionen ermöglichen eine gezielte Recherche. Personenbezogene Daten sind geschützt und werden nicht öffentlich angezeigt. Dabei spielen Balkonkraftwerke im Energiesystem immer noch eher eine geringe Rolle. Ende April waren in Deutschland Solaranlagen mit einer Nettoleistung von 85 Gigawatt installiert, bis 2030 sollen es nach dem Willen der Bundesregierung 215 Gigawatt sein. Die bei der Netzagentur registrierten Steckersolargeräte tragen dazu bisher nur 0,4 Gigawatt bei.
Allgemein zu beachtende Aspekte bei Miete und WEG:
Steckersolargeräte erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Immer mehr Mieter oder Wohnungseigentümer wollen sie bei sich installieren. Discounter und Baumärkte werben mit kostengünstigen Angeboten zur Selbstinstallation. Doch die Installation einer solchen Anlage erfordert die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bzw. des Vermieters. Daran ändert auch die geplante gesetzliche Erleichterung mit dem Anspruch zur Installation von Steckersolargeräten nichts.
Neben den rechtlichen Fragen bei Miete und WEG gibt es weitere praktische Aspekte, die vor eine Installation geprüft werden sollten:
- Tragfähigkeit:
Ein Balkonkraftwerk kann von vornherein nur montiert werden, wenn die Balkonbrüstung ausreichend tragfähig ist. Bei zwei Solarmodulen einschließlich Wechselrichter und Montagematerial ergibt sich ein Gewicht von ca. 40 bis 50 Kilogramm.
Praxis-Tipp: Überprüfung durch Fachkraft
Der Vermieter sollte vor Erteilung einer Erlaubnis zur Montage eines Balkonkraftwerks durch den Mieter die Tragfähigkeit der Balkonfront prüfen lassen. Insoweit können Mieter und Vermieter vereinbaren, dass der Mieter eine Bestätigung eines geeigneten Fachbetriebs einholt oder aber dies der Vermieter auf Kosten des Mieters tut. - Steckerverbindung:
Bezüglich der Steckerverbindungen kommt es derzeit darauf an, welche der verantwortliche Netzbetreiber als normenkonform erachtet. Der VDE hat sich von seinen strengen Anforderungen hinsichtlich des Zwangs zum Anschluss über einen "Wieland-Stecker" verabschiedet und arbeitet eine neue Richtlinie aus, wonach der Anschluss von Balkonkraftwerken bis 800 Watt über eine Schuko-Steckdose ausreichen soll. Wenn bereits ein ausreichend dimensionierter Stromkreis mit Steckdose auf dem Balkon vorhanden ist, kann das Balkonkraftwerk nach VDE-AR-4105 direkt genutzt werden, also in aller Regel mittels handelsüblicher Schuko-Steckdose. - Neigungswinkel und Blendwirkung:
Je nach Neigungswinkel der Solarmodule ergeben sich unterschiedliche Wirkungsgrade. Dabei ist aber eine teilweise Verschattung der darunterliegenden Wohnung zu vermeiden, damit es nicht zu Minderungsansprüchen anderer Mieter oder im Fall der Eigentumswohnung zu Unterlassungsansprüchen von anderen Wohnungseigentümern kommt. Außerdem können Solarmodule mit ausgestelltem Neigungswinkel das Anleitern der Feuerwehr verhindern. Dafür sollte ein Freiraum von ca. 1,20 Meter am Balkon vorhanden bleiben. Zudem ist zu vermeiden, dass Beseitigungsansprüche gestörter Grundstücksnachbarn entstehen, weil das Solarmodule eine unzumutbarer Blendwirkung erzeugt. - Versicherung:
Vermieter wie Wohnungseigentümergemeinschaften haben die das Gebäude betreffende Verkehrssicherungspflicht zu beachten. Bei Balkonkraftwerken sollten Mieter bzw. Wohnungseigentümer vor Erteilung der Genehmigung daher zu ausreichendem Versicherungsschutz verpflichtet werden. Dabei muss gesichert sein, dass die Haftpflichtversicherung auch für etwaige Schäden Dritter, die durch das Balkonkraftwerk (etwa in Form des Ablösens von Bauteilen) entstehen, mit ausreichendem Versicherungsschutz aufkommt. Schäden am Balkonkraftwerk selbst, etwa aufgrund von Sturm oder Hagel, deckt im Regelfall die Hausratversicherung.
2. Anspruch auf Balkonkraftwerke bei WEG und in der Vermietung
Im Wohnungseigentumsrecht stellt die Installation von Steckersolargeräten in der Regel eine bauliche Veränderung dar, für die ein Mehrheitsbeschluss erforderlich ist. In der Praxis kann es schwierig sein, die erforderliche Mehrheit zu erlangen. Im Mietrecht kann die Erlangung der Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters zur Installation eines Balkonkraftwerks ebenfalls schwierig sein. Ein Gesetzentwurf, der sich bis Redaktionsschluss noch in den „parlamentarischen Mühlen“ befand, sieht nun vor, im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der so genannten privilegierten Maßnahmen aufzunehmen.
Anspruch des Wohnungseigentümers auf Installation:
Nach geltender und künftiger Rechtslage muss über das gestellte Verlangen auf Gestattung einer baulichen Veränderung entschieden werden. Es bleibt beim Grundsatz „Kein Bauen ohne Beschluss“. Im Fall von Wohnungseigentum geschieht das – unabhängig davon, ob es sich um selbstgenutzte oder um vermietete Wohnungen handelt – im Rahmen der Wohnungseigentümerversammlung.
Die Installation eines Steckersolargeräts stellt in der Regel eine bauliche Veränderung dar, die für ihre Zulässigkeit eines Beschlusses bedarf. Nun soll der Katalog der so genannten privilegierten Maßnahmen in § 20 Absatz 2 Satz 1 WEG um die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte erweitert werden. § 20 Absatz 2 Satz 1 WEG begründet einen Individualanspruch jedes Wohnungseigentümers auf Gestattung der dort genannten baulichen Veränderungen, sofern diese angemessen sind. Allerdings ist den Wohnungseigentümern bezüglich des "Wie" der Baumaßnahme ein Ermessen eingeräumt. Mit anderen Worten: Auch wenn den Wohnungseigentümern ein Anspruch auf Montage von Steckersolargeräten eingeräumt würde, entscheiden die übrigen Wohnungseigentümer mehrheitlich über die Details des Ortes, der Art und Weise der Montage und etwaiger Vorgaben an einen erweiterten Versicherungsschutz oder auch über das Erfordernis fachmännischer Befestigung des Balkonkraftwerks.
Praxis-Tipp: Grundsatzbeschluss herbeiführen
Um Unsicherheiten hinsichtlich der praktischen Umsetzung zu vermeiden, empfiehlt sich, einen Grundsatzbeschluss zu fassen, der den Wohnungseigentümern die Montage von Balkonkraftwerken unter eindeutigen Vorgaben gestattet. Dies erspart spätere Diskussionen über den Anspruch auf Gleichbehandlung.
Anspruch des Mieters auf Installation:
Da es bei der Installation von Balkonkraftwerken regelmäßig zu keinen umfassenden und grundlegenden Eingriffen in die Bausubstanz kommt, haben die Gerichte bereits entschieden, dass Vermieter dem Mieter nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund die Nutzung einer Solaranlage auf dem Balkon versagen können. Voraussetzung für einen entsprechenden Mieteranspruch ist bereits jetzt, dass das Solarmodul
- baurechtlich zulässig,
- optisch nicht störend,
- leicht zurückbaubar und
- fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist sowie
- keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht.
Mit der geplanten Gesetzesänderung wird der Katalog des § 554 Absatz 1 Satz 1 BGB über bauliche Veränderungen, auf deren Erlaubnis die Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter haben, um die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte erweitert. Die Installation kann mit einer baulichen Veränderung im mietrechtlichen Sinn, das heißt mit einer Modifikation der Substanz der Mietsache, verbunden sein. Geht mit der Installation keine Substanzänderung einher, richtet sich die Zulässigkeit der Maßnahme wie bisher nach dem Umfang des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache.
Interessenabwägung, Rückbaurisiko und Zusatzkaution:
Nach § 554 Abs.1 Satz 2 BGB ist der Anspruch des Mieters ausgeschlossen, „wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann.“ Bei der Abwägung der nachteiligen Folgen der baulichen Veränderung für den Vermieter mit dem Interesse des Mieters an der Ausführung der Baumaßnahme trifft jede der beiden Parteien die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die zu ihren Gunsten bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Der Vermieter kann im Streitfall den Mieter also dazu zwingen, sein Interesse an der baulichen Veränderung offenzulegen.
Zugunsten des Vermieters ist auch ein etwaiges Rückbaurisiko zu berücksichtigen, was aber bei Balkonkraftwerken nicht allzu sehr in Gewicht fallen wird. Um dabei alle Zweifel auszuräumen, empfiehlt sich die Vereinbarung einer zusätzlichen Sicherheitsleistung nach § 554 Abs.1 Satz 3 BGB. Danach kann sich der Mieter im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten, wobei der Vermieter keinen gesetzlichen Anspruch auf diese zusätzliche Sicherheit hat. Die Frage, ob und in welcher Höhe Sicherheit zu leisten ist oder nicht, wird im Rahmen der Interessenabwägung beurteilt.
Sonderfall „Vermietender Wohnungseigentümer“:
Wenn es sich um eine vermietete Eigentumswohnung handelt, treffen Mietrecht und WEG-Recht aufeinander. Wenn der vermietende Eigentümer mit der Montage eines Balkonkraftwerks durch den Mieter einverstanden ist oder dieser einen mietrechtlichen Anspruch zulässigerweise geltend macht, ist zu beachten, dass der vermietende Wohnungseigentümer seinem Mieter keine weitergehenden Rechte einräumen kann als er selbst hat.
Hier müssen die wohnungseigentumsrechtlichen Aspekte zu beachtet werden. Solange der vermietende Wohnungseigentümer im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Gestattungsbeschluss auf Montage eines Balkonkraftwerks hat, kann er dem Mieter die Erlaubnis nicht erteilen.
Konkret sollte der vermietende Wohnungseigentümer seinen Mieter auf diese Gefahr hinweisen und dem Mieter mitteilen, dass er eine Erlaubnis zur Montage des Balkonkraftwerks erst nach Vorliegen eines entsprechenden bestandskräftigen Gestattungsbeschlusses der Eigentümergemeinschaft erteilen kann.
Keine Eigenmacht des Mieters oder des Wohnungseigentümers:
Unabhängig davon, wann die gesetzlichen Erleichterungen für Steckersolargeräte in Kraft treten, dürfen weder Mieter noch Wohnungseigentümer ein Balkonkraftwerk auch zukünftig nicht ohne Erlaubnis des Vermieters bzw. der Eigentümerversammlung montieren. Dabei ist es unerheblich, ob bei der Montage in die bauliche Substanz eines Balkons eingegriffen wird.
Die Versagung der Genehmigung eines so genannten Balkonkraftwerks mit außenliegenden Solarpaneelen durch den Vermieter ist dabei nach derzeitiger Rechtslage nicht rechtsmissbräuchlich, wohingegen die Zustimmung zu einer optisch nicht beeinträchtigenden, auf dem Boden ohne Substanzbeeinträchtigung des Mietobjekts aufgestellten Solaranlage nicht versagt werden darf. Ein darüberhinausgehender Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung des Aufbaus einer Solaranlage mit an der Außenseite des Balkons angebrachten Solarmodulen ist im Hinblick auf den Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes unabhängig von der Frage, ob ein rückstandsfreier Rückbau nach Vertragsende überhaupt möglich ist, gesondert zu bewerten.
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe April 2024 vom 30. April). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: