Wärmeplanung: Die Heizung der Zukunft beschäftigt die privaten Eigentümer sehr
Freude über die große Resonanz und wertvolle Erkenntnisse für die Heizungswende aus der Umfrage des Landesverbands.
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Von Verbandsdirektor Ralf Schönfeld
Das Wärmeplanungsgesetz (WPG) des Bundes ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Der Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Wärmeplanungsgesetz (WPGAG-E) wurde auf Landesebene bereits am 9. Juli 2024 im Ministerrat im Grundsatz gebilligt. Haus & Grund Rheinland-Pfalz nahm im Rahmen einer Verbändeanhörung zu dem Gesetzesvorhaben Stellung. Gleichzeitig führten wir eine Mitgliederbefragung durch, die zu fast 2.200 (!) Rückmeldungen geführt hat. Im Vergleich zu früheren Umfragen war die Resonanz etwa dreimal so hoch. Dafür möchten wir uns bei allen, die sich beteiligt haben, sehr herzlich bedanken.
Haus & Grund diesmal zum Runden Tisch Wärmeversorgung eingeladen:
Die Ergebnisse der Befragung werden wir in die weiteren politischen Gespräche mit dem Umweltministerium einbringen. Eine erste Gelegenheit dazu bietet der 2. Runde Tisch Wärmeversorgung am 23. September 2024. Nachdem Haus & Grund bei diesem Gesprächsformat zunächst von Umweltministerin Katrin Eder ignoriert worden war, wurden wir zum September-Termin eingeladen und werden uns dort für unsere Mitglieder engagieren.
Neben dem Sachstand zum Gesetzgebungsverfahren zum WPGAG gehören zu den Gesprächsthemen die Rolle der Energieagentur Rheinland-Pfalz bei der Beratung der Kommunen zur Wärmeplanung und den Möglichkeiten für Nahwärme sowie die Fortführung der ministeriellen Arbeitsgruppen (Kommunale Spitzenverbände, Berater & Handwerker, Industrie & Unternehmen)
Gesetz zur Ausführung der Wärmeplanung in Rheinland-Pfalz:
In § 4 WPG wird den Ländern die Aufgabe der Durchführung einer Wärmeplanung für ihr Hoheitsgebiet verpflichtend auferlegt. Gemäß § 4 Abs. 1 WPG sind Wärmepläne für Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnenden bis zum 30. Juni 2026 und für Gemeindegebiete mit 100.000 Einwohnenden oder weniger bis zum 30. Juni 2028 zu erstellen. Die Wärmeplanung soll die Planungs-und Investitionssicherheit von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen sowie Energieversorgern steigern und die notwendigen Investitionen in eine Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme anreizen. Das Land Rheinland-Pfalz kann diese Aufgabe als Pflichtaufgabe per Landesgesetz auf die Kommunen übertragen (§ 33 WPG, § 110 LV). Den Städten und Gemeinden kommt für das Gelingen der Wärmewende eine entscheidende Rolle zu.
Mit dem WPGAG soll die Pflicht zur Wärmeplanung auf die kreis- und verbandsfreien Städte, die großen kreisangehörigen Städte, die verbandsfreien Gemeinden und die Verbandsgemeinden übertragen werden. Dadurch soll die langfristige Aufgabe der Transformation der Wärmeversorgung als wichtige Planungs- und Steuerungsaufgabe in den Kommunen verankert werden. Zudem werden im WPGAG Regelungen zum vereinfachten Verfahren getroffen, ein Konvoi-Verfahren ermöglicht, die Anzeige der Wärmepläne, die Finanzierung sowie die Zuständigkeiten geregelt. Ebenso werden der Mehrbelastungsausgleich dargelegt und Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen vorgesehen. Der Vollzug soll der Energieagentur Rheinland-Pfalz als Beliehene übertragen werden.
Haus & Grund bewertet den Gesetzesentwurf grundsätzlich positiv:
Haus & Grund Rheinland-Pfalz begrüßt den Entwurf des Ausführungsgesetzes zum Wärmeplanungsgesetz zur kommunalen Wärmeplanung im Wesentlichen. Besonders positiv zu werten ist die Absicht, die planungsverantwortlichen Stellen (pvS) aus Kosten- und Effizienzgründen in kreis- und verbandsfreien Städten, in verbandsfreien Gemeinden und in Verbandsgemeinden anzusiedeln. Die damit verbundene Möglichkeit, für mehrere Gemeindegebiete eine gemeinsame Wärmeplanung durchzuführen, ist ebenso zu befürworten wie die Optionen für eine verkürzte oder vereinfachte Wärmeplanung bzw. den kompletten Verzicht.
Die kommunale Wärmeplanung dient nicht nur der Erreichung der Klimaschutzziele im Wärmesektor, indem sie eine Strategie zur Verwirklichung einer klimaneutralen Wärmeversorgung entwickelt. Die kommunale Wärmeplanung ist vielmehr für einen Großteil der Fälle die grundlegende Voraussetzung für das Erreichen eines Wechsels der Energieträger privater Haushalte von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien. Sie stellt den ersten Schritt für Gebäudeeigentümer dar, um Klarheit über die künftige regionale Versorgungsstruktur zu erhalten.
Die Gemeinden sind dabei wichtige Akteure für die Erreichung der Klimaschutzziele vor Ort. Um die Klimaschutzziele möglichst effektiv zu verfolgen, ist ein planmäßiges Vorgehen erforderlich. Nur wenn den privaten Gebäudeeigentümern die Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer zukünftigen Wärmeversorgung klar sind, können sie die notwendigen Sanierungsentscheidungen in Übereinstimmung mit den Klimaschutzzielen und gesetzlichen Anforderungen an einen klima-neutralen Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 erfüllen. Nur durch eine zukunftsgerichtete Planung können alle Potenziale des Gebäudebestands ausgeschöpft werden.
Bei der kommunalen Wärmeplanung spielt vor allem bei der Bestandsanalyse der aktuelle Energieträger der Wärmeversorgung eine entscheidende Rolle. Es ist daher wichtig zu wissen, welche Energieträger die Haus- und Grundeigentümer bisher für die Wärmeversorgung nutzen. Unsere aktuelle Umfrage hat ergeben, dass rund 70 Prozent Gas und fast 20 Prozent Öl als Energieträger nutzen. Das heißt: Rund 90 Prozent der Wohnungsinhaber setzen bisher auf fossile Energieträger.
Etwa 65 Prozent der Befragten haben in den letzten fünf Jahren die Heizung noch nicht erneuert. Bei dem Drittel der Befragten (33 Prozent), die angegeben haben, dass in den letzten fünf Jahren die Heizung erneuert wurde, haben über drei Viertel „noch schnell“ eine neue fossile Heizung (Gas/Öl) eingebaut, um „bis 2044 Ruhe zu haben“.
Statt Verunsicherung braucht es Akzeptanz der Immobilieneigentümer:
Seit dem Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes und der Pflicht der Gemeinden zur Durchführung einer Wärmeplanung kommt in den nächsten Jahren einiges auf die Immobilieneigentümer in Rheinland-Pfalz zu. Eigentümer brauchen dabei wegen der hohen Investitionen langfristig Verlässlichkeit. Für Haus- und Wohnungseigentümer sowie Mieter müssen Wohnungen bezahlbar bleiben. Es ist zudem dringend erforderlich, die Eigentümer mit den bevorstehenden Regelungen nicht zu überfordern. Hier muss viel Aufklärungsarbeit betrieben werden und die Kosten müssen durch gezielte Förderprogramme finanzierbar bleiben.
Laut unserer Befragung haben rund 73 Prozent der Eigentümer noch keine Entscheidung getroffen, wie sie auf eine klimaneutrale Wärmeerzeugung umsteigen sollen. Über die Hälfte will zunächst die kommunale Wärmeplanung abwarten. Deshalb bedarf es vor Ort auf kommunaler Ebene einer zügigen Umsetzung der Verfahren zur kommunalen Wärmeplanung.
Beteiligung der Eigentümer und ihrer Interessenvertretung vor Ort:
Eine zentrale Herausforderung der Heizungswende und damit auch der kommunalen Wärmeplanung ist es, die betroffenen Immobilieneigentümer „mitzunehmen“. Private Eigentümer sind aufgrund der bedeutenden Rolle, die sie auf dem Immobilienmarkt einnehmen (siehe Kasten), unabdingbar für die reibungslose Durchführung der Energiewende, von der sie unmittelbar und erheblich berührt sind.
Bedeutung der privaten ImmobilieneigentümerWohnungen in Gebäuden mit Wohnraum (Quelle: Zensus 2022):2.125.493 (100%) – Rheinland-Pfalz insgesamt Davon verteilt nach Eigentumsform des Gebäudes:
Über 91 (!) Prozent der Wohnungen in Rheinland-Pfalz befinden sich demnach in privater Hand. Weitere Haus & Grund interne Erhebungen zeigen, dass rund 65 Prozent der Verbandsmitglieder nur über 1 bis 6 Wohneinheiten verfügen. Lediglich 20 Prozent besitzen mehr als 10 Wohneinheiten. Ein Blick auf die Altersstruktur zeigt darüber hinaus, dass nahezu drei Viertel der Altersgruppe „60plus“ angehören. Es ist statistisch davon auszugehen, dass diese Quoten für alle privaten Immobilieneigentümer in Rheinland-Pfalz (in deren Eigentum sich über 90 Prozent der Wohnungen in Rheinland-Pfalz befinden) repräsentativ sind. |
Die Beteiligung von Haus & Grund bei der Wärmeplanung als Sprachrohr der privaten Eigentümer und Vermieter bietet daher einen erheblichen Mehrwert für die planungsverantwortlichen Stellen. Nur durch die entsprechende umfassende Einbeziehung in die lokalen Beteiligungsprozesse können die kommunizierten Informationen breiter wahrgenommen werden.
Nach den katastrophalen Erfahrungen mit den öffentlichen Diskussionen rund um das Gebäudeenergiegesetz dürfen diese Fehler bei der kommunalen Wärmplanung nicht wiederholt werden. Eine begleitende Kommunikationsstrategie ist entscheidend für die Akzeptanz in der Bevölkerung. Dazu können auf Landesebene entwickelte standardisierte Informationsformate und -veranstaltungen ein wichtiger Baustein sein.
Diese Notwendigkeit der umfassenden Information und Transparenz zeigte sich bei unserer Umfrage auch bei den Ergebnissen unserer konkreten Frage zu Fern- und Nahwärme. Ein Viertel der Befragten erklärte zwar, eigenständig bleiben zu wollen. Gleichzeitig benötigen rund die Hälfte der Befragten zunächst noch mehr Informationen, was eine zentrale Wärmeversorgung für sie bedeutet.
Anschluss- und Benutzungszwang als Konfliktpunkt:
Aufgrund der rechtlichen Möglichkeit nach § 26 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung kann es dazu kommen, dass Immobilieneigentümer in bestimmten Gebieten im regionalen Einzelfall keine freie Wahl für ihr Heizsystem haben, sondern sich zukünftig womöglich mit einem Anschluss- und Benutzungszwang an ein vorhandenes Wärmenetz konfrontiert sehen werden. Hier darf es nicht dazu kommen, dass Kommunen die Ausweisung eines Gebiets als Wärmenetzgebiet nutzen, um dort einen Anschluss- und Benutzungszwang zu erlassen.
Die kommunale Tendenz zum Anschluss- und Benutzungszwang bewertet Haus & Grund sehr kritisch. Hier besteht absoluter Konsens mit der Verbraucherzentrale: Da es sich bei Wärmenetzen um unregulierte Monopole handelt und die Rechte von Wärmekunden gegenüber ihrem Versorger deutlich schwächer ausgeprägt sind als bei anderen Formen des Heizens, ist es aus Gründen des Verbraucherschutzes bedenklich, dass Menschen gezwungen werden könnten, sich in diese Vertragsverhältnisse zu begeben. Über ein Drittel der Immobilieneigentümer lehnten bei unserer aktuellen Umfrage einen Anschluss- und Benutzungszwang ausdrücklich ab.
Fazit: „Schnelligkeit – Transparenz – Freiwilligkeit“
Für eine erfolgreiche Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung sind folgende drei Punkte besonders wichtig:
1. Schnelle Umsetzung
Eine kommunale Wärmeplanung muss so schnell wie möglich erstellt werden, um vor dem Hintergrund der geplanten, zeitlich ambitionierten Heizungsaustauschpflicht nach dem Gebäudeenergiegesetz Fehlinvestitionen bei der Sanierung privater Bestandsgebäude zu vermeiden. Der kommunalen Wärmeplanung kommt eine zentrale Orientierungsfunktion bei privaten Investitionsentscheidungen im Bereich der Wärmeversorgung zu.
Haus & Grund fordert bereits seit langem die Verpflichtung der Kommunen zur Erstellung und Einhaltung kommunaler Wärmepläne. Der Landesverband begrüßt die nun endlich erfolgende Umsetzung mit dem vorliegenden Ausführungsgesetz. Jedoch muss angesichts der zeitlich ambitionierten gesetzlichen Anforderungen an die privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer auch die dringend gebotene Erstellung der Wärmeplanung für die Kommunen in einem entsprechend ambitionierteren Zeitrahmen vorangetrieben werden und erfolgen.
Dabei sind die Möglichkeiten für eine verkürzte oder eine vereinfachte Wärmeplanung sowie die Option auf einen kompletten Verzicht zwar äußerst positiv zu bewerten. Hier muss aber flankierend gewährleistet werden, dass Kommunen nicht erst bis zum 30. Juni 2028 von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen. Bei den Finanzierungsregelungen in § 7 sollte daher ein „Geschwindigkeitsbonus“ eingeführt werden.
2. Umfassende Information gegenüber den betroffenen Eigentümern
Weiterhin bedarf es eines umfassenden Kommunikationskonzepts sowohl auf Ebene des Landes als auch auf kommunaler Ebene. Haus & Grund steht hier gerne mit seinem Mitgliedermagazin, das monatlich über 47.000 Mitglieder sowie zahlreiche weitere Immobilieneigentümer erreicht, als Multiplikator zur Verfügung.
3. Verzicht auf Anschluss- und Benutzungszwang
Grundsätzlich plädiert Haus & Grund für einen Verzicht auf die rechtliche Möglichkeit eines Anschluss- und Benutzungszwangs. Zwar zeigten sich immerhin 40 Prozent der von uns Befragten dafür sogar offen – jedoch nur dann, wenn auch die Rahmenbedingungen passen. Das bedeutet, dass es eine volle Kostentransparenz erfordert und entsprechende finanzielle Förderungen für eine Umstellung notwendig sind. Wärmenetze sollten durch Nachhaltigkeit und wettbewerbsfähige Preise überzeugen und sich nicht auf einen behördlichen Zwang berufen können. Nur so schafft man Akzeptanz für die notwendige Wärmewende.
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe September 2024 vom 11. September2024). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: