Grundsteuer: Papier oder Nicht-Papier – das ist hier leider nicht die einzige Frage!

Die gute Nachricht vorweg: Trotz der „Pflicht“ zur Steuererklärung über ELSTER haben viele Eigentümer das Recht, die Grundsteuerwerterklärung in Papierform abzugeben. Die schlechte Nachricht gleich hinterher: Im Hintergrund plant das Land Rheinland-Pfalz im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs gleichzeitig die massive Erhöhung der Nivellierungssätze bei der Grundsteuer B.

 Symbolbild Grundsteuer: Hamlet mit MiniaturhausFotos: Warpedgalerie, Romolo Tavani (Adobe Stock), Montage: Satzbaustein

Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Vor wenigen Tagen, am 1. Juli, begann die Abgabefrist für die gesonderte Grundsteuerwerterklärung zu laufen, sie endet am 31. Oktober 2022. Die Finanzverwaltung verlangt dabei prinzipiell eine elektronische Übertragung via ELSTER (wir berichteten). Über 70% der Immobilieneigentümer gehören der Altersgruppe „60plus“ und zumindest 37,5% der Altersgruppe „70plus“ an. Natürlich besteht auch hier eine Menge digitale Kompetenz. Dennoch kommt immer häufiger die Frage auf, was man machen soll, wenn man mit der elektronischen Erklärung über ELSTER (www.elster.de) nicht zurechtkommt oder überhaupt nicht über einen Computer bzw. Internetzugang verfügt. Hier kommt die so genannte Härtefallregelung nach § 150 Absatz 8 Abgabenordnung (AO) zum Tragen. Diese führt in vielen Fällen zu dem Ergebnis, dass eine Abgabe der Steuererklärungen in Papierform möglich sein wird. Denn nach der Intention des Gesetzgebers soll die Härtefallregelung großzügig angewendet werden.

§ 150 Abs. 8 AO lautet: „Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.“

Niedrige Anforderungen für einen „Härtefall“

Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt vor, wenn der finanzielle Aufwand für die Schaffung der technischen Voraussetzungen in keiner wirtschaftlich sinnvollen Relation zu dem Betrieb steht, der die Pflicht zur Abgabe einer elektronischen Steuererklärung auslöst. Erfasst wird damit etwa der Fall, dass der Steuerpflichtige finanziell nicht dazu in der Lage ist, sich einen Computer anzuschaffen oder umzurüsten. Es sind allerdings auch andere Gründe der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit denkbar. Sie kann ebenfalls vorliegen, wenn die Steuererklärungspflicht in Kürze endet, weil der Betrieb eingestellt oder die berufliche Tätigkeit beendet wird und lediglich für eine Erklärung extra ein geeigneter Computer angeschafft und eine Internetverbindung eingerichtet werden müssten.

Die Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen wird so definiert, dass der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt dazu in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen. Angesprochen wird damit die Medienkompetenz, die insbesondere bei älteren Menschen nicht in ausreichendem Maß vorhanden sein kann. Übrigens: Dazu gehört aber nicht die Befürchtung, die elektronische Übermittlung der Steuererklärung sei nicht hinreichend sicher (z.B. gegen Hackerangriffe) und damit auch das Steuergeheimnis nicht gewährleistet oder begründe eine Gefahr für den eigenen Computer, etwa durch das Einschleusen eines Computervirus.

Selbst das Finanzministerium erwartet bis zu 50 Prozent Papiererklärungen

Ende Mai wurde im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags der aktuelle Sachstand zur Grundsteuerreform diskutiert. Dabei räumte Finanzstaatssekretär Dr. Stephan Weinberg ein, dass Bund und Länder davon ausgehen, dass bis zu 50% der Feststellungserklärungen nicht digital, sondern in Papierform abgegeben werden.

Die Landtagsabgeordneten diskutierten diese Problematik ausführlich. Dabei wurde auch gefragt, ob den Betroffenen auf Antrag die papierenen Erklärungsbögen nach Hause geschickt würden. Staatssekretär Dr. Stephan Weinberg erklärte dazu, dass aus Sicht des Landes idealerweise alle Beteiligten darauf hinwirken sollten, dass möglichst viele Menschen die Erklärung digital abgeben. Politisches Ziel solle es sein, eine deutlich höhere Online- und damit deutlich geringere Papier-Quote zu erreichen. Für Fälle, in denen zum Beispiel kein Internetanschluss zur Verfügung stehe oder die Fähigkeiten nicht vorhanden seien, mit der Online-Erklärung umzugehen, sei eben die genannte Härtefallregelung vorgesehen.

Die entsprechenden Personen hätten die Möglichkeit, sich an das Service-Center ihres Finanzamts zu wenden, wo sie Papiervordrucke erhalten könnten. In diesem Zusammenhang wurde von den Abgeordneten auch kontrovers darüber diskutiert, was es für Menschen in ländlichen Regionen, in denen das Finanzamt mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen sei, bedeutet, wenn grundsätzlich keine Papiervordrucke per Post versendet werden sollen.

Die Landesregierung plant eine Steuererhöhung durch die Hintertür

Während nun alle Immobilieneigentümer damit beschäftigt sind, die Abgabe der Grundsteuerwerterklärung irgendwie hinzubekommen, plant das Land gleichzeitig im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz die massive Erhöhung der Nivellierungssätze bei der Grundsteuer B von 365 auf 465. Dies entspricht einer Erhöhung um knapp 28%.

Dadurch werden die Kommunen in der Praxis gezwungen, mindestens diese Sätze der Grundsteuer B in ihren Städten und Gemeinden zu erheben. Denn wenn diese „Mindestsätze“ nicht erhoben werden, hat das folgende Konsequenzen für die Städte und Gemeinden:

  • Defizitäre Haushalte werden von den Aufsichtsbehörden nicht mehr genehmigt.
  • Kommunen erhalten keine Zuweisungen vom Land, da man vom Antragsteller (Kommune) einfordert, dass die eigenen Einnahmen vollständig ausgeschöpft werden. Und das ist nach Auffassung des Landes die Erhebung von Grund- und Gewerbesteuer mindestens in Höhe der Nivellierungssatzes.
  • Kommunen müssen mehr Grundsteuer an das Land im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs abführen, als sie tatsächlich erheben. Wird der Nivellierungssatz/Mindesthebesatz nicht erreicht, wird dieser trotzdem der Umlage ans Land zugrunde gelegt. Die Kommunen zahlen dann diese Differenz (tatsächlicher Hebesatz/Nivellierungssatz) an Umlage aus eigenen Mitteln.

Daher werden alle Kommunen über die geplante Regelung in § 17 des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) faktisch gezwungen, diesen Nivellierungssatz („Mindesthebesatz“) zu erheben. In Rheinland-Pfalz sollen so offenbar im Vorfeld des Inkrafttretens der Grundsteuerreform bereits Grundlagen geschaffen, um die Grundsteuer vorher massiv zu erhöhen, um dann ab 2025 die „Aufkommensneutralität“ zu beweisen!

Fazit: Grundsteuerpolitik des Landes verteuert das Wohnen für alle Bürger

Immobilieneigentümer sollten sich keineswegs von den Berichterstattungen über die „Pflicht“ zur Abgabe der Grundsteuerwerterklärung via ELSTER verunsichern lassen. Stattdessen können sie im Rahmen der Härtefallregelung in vielen Fällen von der bestehenden Möglichkeit zur Abgabe der Erklärung in Papierform Gebrauch machen (siehe dazu auch den Artikel in der Juni-Ausgabe unseres Info-Services).

Politisch muss auf jeden Fall sichergestellt sein, dass zeitgleich mit der Umsetzung der Grundsteuerreform in den Gemeinden ab dem 1. Januar 2025 die Nivellierungssätze des Landes spätestens zu diesem Zeitpunkt wieder reduziert werden. Sonst ist eine Aufkommensneutralität nie zu erreichen. Denn es sind ja höhere Besteuerungsgrundlagen zu erwarten. Werden auf diese zu erwartenden höheren Grundbesitzwerte die erhöhten Nivellierungssätze angewendet, steigt automatisch die Grundsteuer mit. Das muss spätestens im Sommer 2024 geändert werden, wenn die Haushalte der Gemeinden für 2025 aufgestellt werden. Sonst ist bei steigenden Messzahlen ohnehin eine massive Zahllast der Eigentümer und zugleich Belastung der Mieter die logische Folge.

Mehr Informationen:

 

Unser Autor: der Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld

Unser Autor: Ralf Schönfeld 
ist Verbandsdirektor des 
Landesverbands Haus 
& Grund Rheinland-Pfalz.

 

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