Vermieter dürfen sich nicht in den Schulden-Strudel ziehen lassen

Gerät ein Mieter in eine finanzielle Notlage, ist davon meist auch der Vermieter betroffen. Schnell kommt es zu verspäteten Mietzahlungen oder gar Komplettausfällen. Selbst dann sind noch einvernehmliche Lösungen möglich. Doch immer öfter ist es schlichtweg ungezügeltes Konsumverhalten, das Mieter in die Überschuldungsfalle treibt.

Dauerbrenner Heizkosten: Wieder mal gießt der Mieterbund unnötig Öl ins Feuer und gefährdet so das friedliche Miteinander in Millionen Mietverhältnissen.Hier gibt es nichts zu holen: Die Überschuldung in Deutschland ist auch in diesem Jahr wieder gestiegen. - Foto: Gina Sanders / fotolia.de

Von Martin H. Müller

Gerade ein privater Vermieter ist auf die gute Zahlungsmoral seiner Mieter angewiesen. „Denn nicht selten bedeutet jeder Mietausfall gleich empfindliche Einbußen beim eigenen Einkommen“, erklärt RA Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz. „In manchen Fällen kann das gar existenzbedrohende Ausmaße annehmen.“

Daher sind es auch für Vermieter alarmierende Zahlen: Die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland ist 2015 zum zweiten Mal in Folge angestiegen. Das geht aus dem aktuellen SchuldnerAtlas Deutschland 2015 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor. Als „überschuldet“ gilt eine Person dann, wenn sie ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern nicht mehr pünktlich erfüllen kann. „Das hat natürlich auch negativen Einfluss auf regelmäßig wiederkehrende Verpflichtungen wie die monatliche Miete“, weiß Schönfeld. Hier kann es dann verstärkt zu verspäteten Zahlungen oder gar Komplettausfällen kommen.

Anstieg trotz guter Konjunktur

Zum Stichtag 1. Oktober 2015 wurde für die gesamte Bundesrepublik eine Schuldnerquote von 9,92 Prozent gemessen. Damit sind weiterhin rund 6,7 Millionen Bürger über 18 Jahre überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Anzahl der Schuldner um rund 44.000 Personen erhöht (+0,7%). Das ist insgesamt zwar nur ein leichter Anstieg – was aber in erster Linie auch nur der guten konjunkturellen Lage zu verdanken ist, schreiben die Autoren des SchuldnerAtlas. Ob diese so stabil bleibt, ist nur schwer vorhersehbar.

„Zumal das grundlegende Problem tiefer verankert ist“, sagt Verbandsdirektor Schönfeld mit Blick auf den Personenkreis, der von einer Überschuldung betroffen ist. Der Anstieg der Schuldnerzahlen beruht nämlich ausschließlich auf einer Zunahme der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität (vereinfacht: juristische Sachverhalte). Ihre Zahl nahm in den letzten zwölf Monaten um rund 57.000 Fälle zu (+1,5%), während hingegen die Zahl der Schuldner mit geringer Überschuldungsintensität (vereinfacht: nachhaltige Zahlungsstörungen) um rund 13.000 Fälle (-0,5%) zurückging. Das heißt: Somit nahm auch 2015 die „strukturelle Überschuldung“ oder „Basisüberschuldung“ zu. Rund 3,95 Millionen Menschen sind derzeit in Deutschland in einer dauerhaften Schuldenspirale (2006 / 2015: +549.000 Fälle). Sie können ihre finanzielle Verpflichtungen (wie z.B. die monatlichen Mietzahlungen) wenn überhaupt nur unzureichend stemmen.

Dabei verläuft die Überschuldungsentwicklung bezogen auf die Bundesländer derzeit durchaus unterschiedlich. Im Vergleich zum Vorjahr ist in immerhin acht Bundesländern ein Rückgang der Überschuldungsfälle und in sieben Bundesländern ein Anstieg zu verzeichnen; in einem Bundesland blieb die Zahl der Schuldner nahezu konstant. In Rheinland-Pfalz sind es 3.000 Fälle weniger, ein leichter Rückgang um 0,11%. Das bedeutet eine Schuldnerquote von 9,89% und Platz 5 im bundesweiten Vergleich der niedrigsten Schuldnerquoten.

Im Überblick: die Schuldnerquoten in den einzelnen Städten und Kreisen in Rheinland-Pfalz (hier klicken)

Rheinland-Pfalz steht etwas besser da

Bayern (7,12%; +0,11%) und Baden-Württemberg (8,09%; +0,07%) führen das Positiv-Ranking trotz überdurchschnittlicher Anstiege weiterhin deutlich an. Auf Rang drei liegt Thüringen (9,08%; +0,02%), es folgt Sachsen mit 9,66% (+0,34%). Hessen (10,00%; +0,04%) wurde von Rheinland-Pfalz nach zwei Jahren wieder von Rang fünf verdrängt. „Doch selbst wenn es in Rheinland-Pfalz insgesamt etwas besser wird beim Thema Überschuldung, sollten sich Vermieter nicht täuschen lassen“, mahnt der Verbandsjurist. Dementsprechend sollten sie bei jeder Neuvermietung einige Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.

Wertvolle Tipps: So gehen Vermieter von Anfang an auf Nummer sicher (hier klicken)

„Das Problem der Überschuldung ist außerdem auf gesellschaftlicher Ebene von Veränderungen gekennzeichnet“, so Schönfeld. So hat sich die Zahl überschuldeter Frauen laut SchuldnerAtlas in den letzten zwölf Monaten um rund 0,6% (+19.000 Überschuldungsfälle) erhöht. Betrachtet man die Entwicklung von 2004 bis 2015, gab es hier einen Anstieg um 23,3%. Die Zahl der männlichen Schuldner hat sich zwar im vergangenen Jahr ganz ähnlich entwickelt; auch hier gab es einen Anstieg um 0,7% (+ 25.000 Fälle) Seit 2004 sind es aber insgesamt 6,9% weniger geworden. „Die Überschuldung wird damit zunehmend auch zu einem weiblichen Dilemma“, sagt der Haus & Grund Experte. 2015 können rund 7,39% der deutschen Frauen über 18 Jahren (2014: 7,35%) als überschuldet und zumindest nachhaltig zahlungsgestört gelten. Bei Männern sind dies aktuell wie im Vorjahr 12,61% (2013: 12,55%).

Es gibt aber auch positive Entwicklungen zu vermelden. So bleibt das Thema „Junge Überschuldung“ zwar virulent, zeigt aber einen weiter rückläufigen Trend. Die Zahl junger Schuldner in Deutschland (unter 30 Jahre) ist 2015 um ca. 60.000 Fälle auf rund 1,69 Millionen und somit stärker als im Vorjahr zurückgegangen (-3,4%). Der Rückgang erfolgt aber auch von einem hohen Niveau aus: Die Schuldnerquote beträgt hier nämlich noch immer 14,86%.

Im Gegensatz dazu sind die Schuldnerzahl und -quote in der ältesten Schuldnergruppe in diesem Jahr weiter angestiegen. Die Schuldnerquote beträgt hier auf den ersten Blick geringe 1,16%. Wie schnell derzeit aber die Überschuldung im Alter zunimmt, zeigt der Zuwachs alleine in den letzten beiden Jahren. Bei den 60- bis 69-Jährigen beträgt er 12,4%, bei den über 70-Jährigen sogar 35,4%. Derzeit müssen in Deutschland rund 150.000 Menschen ab 70 Jahren als überschuldet eingestuft werden (+ 16.000 Fälle).

Überschuldung im Alter führt zu Armut

„Gerade dieser rapide Anstieg muss natürlich zu denken geben“, mahnt Ralf Schönfeld. Denn Überschuldung im Alter führt oft zu Armut. Besonders besorgniserregend klingen da Zahlen aus dem „Vermögensbarometer 2015“ des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes: Demnach steigt die Zahl der Menschen, die keine regelmäßige Altersvorsorge betreiben, kontinuierlich an. „Hier droht eine enorme Versorgungslücke“, warnt Schönfeld. 

Mehr Infos zum SchuldnerAtlas 2015 und die Möglichkeit zum Download gibt es unter: www.creditreform.de

Übersichtskarte: Die Schuldnerquote in Deutschland - nach Städten und Landkreisen.

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