Vermieter sollen (mal wieder) mehr zahlen, doch dem Klima hilft das am Ende nicht
Die Bundesregierung plant eine stufenweise Aufteilung der CO₂-Umlage zwischen Vermietern und Mietern. Haus & Grund widerspricht dem deutlich. Denn mit dieser „Lösung“ wird nur neues Streitpotential geschaffen und weitere unnötige Bürokratie aufgebaut.
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Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld
Seit 2021 wird in Deutschland ein Preis für die Emissionen von Kohlendioxid (CO₂) erhoben. Aktuell gilt ein Preis von 30 Euro pro Tonne CO₂, die beim Verbrennen von Heiz- und Kraftstoffen ausgestoßen wird. Er wird schrittweise auf bis zu 55 Euro im Jahr 2025 steigen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann haben jetzt ein Konzept für die Teilung der CO₂-Kosten zwischen Vermietern und Mietern sowohl bei Wohn- als auch Nichtwohngebäuden vorgelegt. Mit dem vorgelegten Stufenmodell für Wohngebäude erhofft sich die Politik eine klimapolitische Lenkungswirkung. Damit will sie Vermieter motivieren, energetische Sanierungen ihrer Gebäude voranzutreiben und Mieter dazu, sparsam mit Energie umzugehen. Ziel ist es, dass die Regelung am 1. Januar 2023 in Kraft tritt.
Das sind die Eckpunkte des Stufenmodells
Für Wohngebäude und bei gemischter Nutzung gilt: Mit dem Stufenmodell werden anhand der spezifischen CO₂-Emissionen des vermieteten Gebäudes die produzierten CO₂-Kosten künftig anteilig zwischen Mietern und Vermietern umgelegt. Je schlechter die Energiebilanz des jeweiligen Gebäudes, desto höher ist der zu tragende Kostenanteil für die Vermieter. Mit dem Stufenmodell wird die prozentuale Kostenbeteiligung der Vermieter und Mieter an den jährlichen CO₂-Ausstoß des vermieteten Gebäudes pro Quadratmeter geknüpft. Insgesamt sind zehn Stufen (siehe Grafik unten links) vorgesehen.
Bei Wohnungen mit einer besonders schlechten Energiebilanz (>=52 kg CO2/m2/a) sollen die Vermieter 90 Prozent und die Mieter zehn Prozent der CO₂-Kosten übernehmen. Nur wenn das Gebäude mindestens dem Standard EH 55 entspricht, müssen Vermieter keine CO2- Kosten mehr tragen. Ausnahmen soll es geben, wenn Vermieter, etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden oder in Milieuschutzgebieten, keinen Beitrag zur energetischen Sanierung leisten können.
Die Anwendung dieses Stufenmodells ist für alle Wohngebäude einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheimen und Gebäuden mit gemischter Nutzung, in denen Brennstoffe genutzt werden, die unter das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) fallen, vorgesehen. Die Festlegung der von den Parteien pro Wohneinheit zu tragenden CO₂-Kosten soll über die Heizkostenabrechnung erfolgen. Den Vermietern sollen mit der Brennstoffrechnung alle für die Berechnung erforderlichen Daten an die Hand gegeben werden, um die Verteilung der CO₂-Kosten zu ermitteln.
Kein Stufenmodell bei Gewerbeimmobilien
Bei Nichtwohngebäuden wie z.B. Gewerberäumen soll die pauschale 50:50-Aufteilung greifen. Den Mietparteien soll ermöglicht werden, vertraglich einen Ausgleich zum Beispiel über die Mietkosten zu vereinbaren. Das Stufenmodell soll perspektivisch auch auf die Nichtwohngebäude angewendet werden. Nur weil bisher noch die erforderlichen Datengrundlagen fehlen, um eine valide Berechnung der Abstufungen für Nichtwohngebäude vornehmen zu können, unterbleibt dies zunächst. Die Daten sollen in den kommenden zwei bis drei Jahren bereitgestellt werden.
In das Gesetz wird eine Evaluierungsklausel aufgenommen. Diese sieht eine Überprüfung der Frage vor, ob zwischenzeitlich – aufgrund einer Reform des Energieausweises – eine Umstellung auf ein Modell auf Grundlage von Energieausweisen möglich ist.
Bundesjustizminister spricht von „fairer und bürokratiearmer Lösung“
Die politische Begründung der Neuregelung kommt einem vor wie eine Real-Satire. Sogar der FDP-Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt zur Einigung: „Mit dem Stufenmodell haben wir eine faire, bürokratiearme und zugleich wirksame Lösung vereinbart. Bei Wohngebäuden kommen wir zu einer fairen Kostenteilung, die sich an der Energiebilanz der Immobilie orientiert.“ Weiter erklärt er: „Zugleich ist das Stufenmodell auch für private Vermieter, die etwa nur eine Immobilie vermieten, gut anwendbar.“
Das Konzept mit den zehn Gebäudeklassen ist bei der Vielzahl an unterschiedlichen Heizungssystemen alles Andere als „bürokratiearm“. Vielmehr wird es für Mieter und Vermieter kompliziert, weshalb der zukünftige Streit über die Abrechnungen bereits vorprogrammiert ist. Die Erklärung der Ministerien, wonach die Energieversorger den Immobilieneigentümern mitteilen sollen, welche Wohnung in welche Klasse fällt, klingt zwar gut, dürfte aber in der Umsetzungspraxis nicht so einfach gehen, wie sich das die Ministerien vorstellen. Hinzu kommt, dass die Einstufung wohl jedes Jahr aufs Neue vorgenommen werden soll.
Im Verhältnis zum zu erwartenden neuen regulatorischen Aufwand ist allenfalls mit einem geringen Effekt für den Klimaschutz zu rechnen. Der CO₂-Anteil an den Heizkosten ist gering. Ziel müsste es sein, den Energieverbrauch insgesamt zu senken, wofür es auf effizientere und klimafreundlichere Heizungen ankommt. Ein dafür wirksames Instrument der Vergangenheit, die Modernisierungsumlage, hat die alte Bundesregierung bereits beschädigt, indem der Prozentsatz für die umlagefähigen Modernisierungskosten von elf auf acht Prozent pro Jahr gekürzt wurde. Der Anreiz für Vermieter, energetisch zu sanieren, hat sich dadurch deutlich gemindert. Die neue Regelung zur Aufteilung der CO₂-Umlage wird daran nichts ändern.
Selbstnutzende Immobilieneigentümer bleiben mal wieder unberücksichtigt
Mit dem geplanten Stufenmodell schießt die Bundesregierung über das Ziel hinaus. Es wird neues Streitpotential zwischen Vermietern und Mietern geschaffen und Bürokratie aufgebaut. Zudem bleibt zum wiederholten Male unberücksichtigt, dass auch selbstnutzende Immobilieneigentümer durch die CO₂-Bepreisung belastet werden.
Fazit: Statt dem Bürokratiemonster ist ein Klimageld die bessere Lösung
Mieter müssen jedenfalls vollständig für ihre Heizkosten aufkommen, der CO₂-Preis muss auch zukünftig voll umlagefähig bleiben. Vermieter haben keinen Einfluss auf das Heizverhalten und den Warmwasserverbrauch ihrer Mieter. Mieter können hingegen wählen, wo sie wohnen wollen und ihr Heizverhalten ändern. Zur Entlastung der Haushalte müssen die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung als Kopfpauschale (Klimageld) an die Bürger zurückgegeben werden. Nur so können auch selbstnutzende Immobilien-eigentümer fair eingebunden werden.
Kommentar „Diese neue Regelung ist alles Andere als fair“Von Haus & Grund Präsident Dr. Kai H. Warnecke Als fair gilt, wer sich den allgemeinen Regeln des Zusammenlebens entsprechend verhält. Ein fairer Politiker müsste sich demnach den Regeln des demokratischen Zusammenlebens entsprechend verhalten. Diese Fairness nehmen die Minister Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Geywitz (SPD) und Buschmann (FDP) für sich in Anspruch, weil sie beschlossen haben, die Umlagefähigkeit des CO₂-Preises zulasten der Vermieter einzuschränken. Der CO₂-Preis soll eigentlich lenken: weg von fossiler Energie hin zu erneuerbaren Energiequellen – durch Preisdruck. Und er soll eigentlich Ordnungsrecht und Zwang als alternative politische Mittel entbehrlich machen. Diese beiden Ansätze werden durch die Bundesregierung ignoriert. Die Einnahmen werden kassiert und nicht erstattetDie Ampelregierung setzt neben dem CO₂-Preis auch auf Zwang wie die Nutzungspflicht von 65 Prozent erneuerbarer Energie in allen neu eingebauten Heizungen ab 2024. Und statt Lenkung allein macht der CO₂-Preis auch arm, denn die Bundesregierung kassiert die Einnahmen, anstatt sie den Bürgern zu erstatten. Gleichzeitig blockiert sie die Energiewende, weil sie zum Beispiel keine praktikablen Lösungen für den Mieterstrom ermöglicht. Es ist alles Andere als fair, die finanziellen Folgen und Fehler der eigenen Politik auf eine Gruppe von Menschen abzuwälzen. Das mag der Hoffnung entsprechen, von der großen Zahl der Mieter wieder gewählt zu werden. Dem Anspruch einer Demokratie, den Interessen aller Menschen gerecht zu werden, entspricht dies nicht. Fair wäre gewesen, die Mieter nicht auf Kosten der Eigentümer zu entlasten, sondern durch ein jährliches Klimageld. |
Die geplante Aufteilung des CO₂-Preises |
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Wohngebäude / gemischte Nutzung |
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CO₂-Ausstoß (pro m2 und Jahr) |
Anteil Vermieter |
Anteil Mieter |
weniger als 12 kg | 0% | 100% |
12 bis 17 kg | 10% | 90% |
17 bis 22 kg | 20% | 80% |
22 bis 27 kg | 30% | 70% |
27 bis 32 kg | 40% | 60% |
32 bis 37 kg | 50% | 50% |
37 bis 42 kg | 60% | 40% |
42 bis 47 kg | 70% | 30% |
47 bis 52 kg | 80% | 20% |
mehr als 52 kg | 90% | 10% |
Nichtwohngebäude |
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CO₂-Ausstoß |
Anteil |
Anteil |
irrelevant | 50% | 50% |
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWI) |
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.